Gentechnik-Anbau in der EU: Jetzt macht jeder seins

Das EU-Parlament beschließt mehr Rechte für Staaten, Pflanzen auf ihrem Gebiet zu verbieten. Die Grünen befürchten nun mehr Zulassungen.

Blick in die Zukunft? Gentechnikfreie Region Bild: TimToppik / photocase.de

BERLIN taz/afp | Die EU-Länder können künftig leichter als bisher den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen verbieten. Eine entsprechende Richtlinie hat das Europaparlament am Dienstag mit großer Mehrheit verabschiedet. In Kraft tritt die Neuregelung 20 Tage nach Veröffentlichung im Europäischen Amtsblatt – einem Parlamentssprecher zufolge dürfte es spätestens im April so weit sein.

Bisher ist es für EU-Staaten juristisch kompliziert, den Anbau von Gentech-Pflanzen, die eine EU-weite Zulassung erhalten haben, auf ihrem Territorium zu verhindern. Künftig können Staaten nun offen auf politische Gründe verweisen.

Über die Bewertung der neuen Richtlinie gibt es im Lager der Gentechnikgegner ungewöhnlich große Differenzen. Der Umweltverband Friends of the Earth Europe (FoEE) urteilte: „Das ist eine riesige Chance für Regierungen, die Tür für genetisch manipulierte Pflanzen in der EU zu schließen.“ Die Organisation lobte vor allem, dass ein Staat nun erstmals ganze Kategorien – zum Beispiel alle Gentech-Mais-Varianten – verbieten dürfe.

Der agrarpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, Martin Häusling, dagegen kritisierte den Kompromiss als „trojanisches Pferd“. „Diese Regeln werden den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in der EU leichter machen“, teilte der Abgeordnete mit. Die Grünen befürchten, dass die Staaten ihre weitgehende Blockade neuer EU-weiter Zulassungsanträge aufgeben werden, weil die Regierungen anschließend auf ihrem Territorium die jeweilige Pflanze verbieten können.

Auch werde es einen „europäischen Flickenteppich“ aus Ländern mit oder ohne Genpflanzen geben, warnte Häusling. Dies berge die Gefahr einer weiteren Ausbreitung von gentechnisch verändertem Material – etwa auf Transporten durch EU-Länder. Ähnlich äußerte sich die ökologisch orientierte Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL).

Offen ist noch, wie Deutschland die Richtlinie nutzen wird. Die Bundesregierung ist sich darüber intern so uneinig, dass Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth am Dienstag im Gespräch mit Journalisten sagte: „Uns ist es besonders wichtig, dass die Regelungen […] in Deutschland wirklich angewendet werden. Das ist nämlich keinesfalls sicher.“ Sein Ministerium wolle einen Konsens erreichen, dass Deutschland gentechnikfrei bleibe. Sonst drohten ständige Diskussionen über einzelne Pflanzen zwischen den Ressorts der Bundesregierung.

Während sich CSU- und SPD-Politiker gegen die Gentechnik positioniert haben, zählt vor allem eine CDU-Politikerin zu den Befürwortern: Kanzlerin Angela Merkel.

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