Kommentar Einwanderungsgesetz: Auf das Kleingedruckte kommt es an

Reines Nützlichkeitsdenken bei der Zuwanderung ist keine Lösung. Denn es ist nur eine Illussion, dass Zuwanderung passgenau steuerbar ist.

Das Einwanderungsgesetz ist nicht aufrechenbar mit dem Asylrecht. Bild: dpa

Pegida, war da noch was? Nachdem kürzlich noch Zehntausende in Dresden gegen eine angeblich ungesteuerte Einwanderung auf die Straße gingen, nimmt die Debatte über ein neues Einwanderungsgesetz jetzt an Fahrt auf.

Und im Prinzip sind sich fast alle Parteien einig, dass Deutschland auf weitere Zuwanderung angewiesen bleibt, wenn es seinen Wohlstand in Zukunft trotz des demografischen Wandels halten will. Diese Einsicht in diese Realität ist erfreulich.

SPD und Grüne bringen darum jetzt ein neues Einwanderungsgesetz ins Spiel. Und auch in der Union mehren sich die Stimmen, die plötzlich postulieren, dass Deutschland ja „von jeher ein Einwanderungsland“ gewesen sei. So steht es überraschend in einem Thesenpapier der jungen Gruppe CDU 2017, die jetzt ebenfalls ein Einwanderungsgesetz fordert.

Ihr stehen aber noch die Unionsspitzen entgegen, die all jene Wähler im Auge haben, die sich vor zu viel Veränderung und mehr Einwanderung fürchten.

Dabei ist die Forderung nach einem Einwanderungsgesetz nicht per se progressiv. Selbst die Alternative für Deutschland (AfD) spricht sich für ein Einwanderungsrecht nach kanadischem Vorbild aus – nicht ohne schrill vor „unkontrollierter Zuwanderung“ zu warnen.

Und ein Punktesystem widerspricht auch nicht dem Diktum des ehemaligen CSU-Hardliners Günther Beckstein, wonach Deutschland „weniger Ausländer, die uns ausnützen, und mehr, die uns nützen“ brauche. Beim Ruf nach einem Einwanderungsgesetz geht es viel um Symbolik – aber letztlich kommt es aufs Kleingedruckte in den Verordnungen an.

Wirtschaftsfreundlich und weltoffen

Schon jetzt verfügt Deutschland über eine Vielzahl von Regeln für die Einwanderung von Fachkräften. Das Problem ist nur, dass sie sehr unübersichtlich sind und kaum Wirkung zeigen. SPD und Grüne wollen die bestehenden Regeln erweitern und bündeln, und sie hoffen, sich damit zugleich als wirtschaftsfreundlich und weltoffen zu profilieren.

Reines Nützlichkeitsdenken führt aber nicht weit. Politiker sollten nicht die Illusion nähren, dass sich künftige Zuwanderung passgenau nach deutschen Wünschen steuern lässt – oder dass sich Deutschland nicht verändern wird, wenn nur noch Fachkräfte kämen, die mühelos eine Arbeit finden.

Ein neues Einwanderungsgesetz lässt sich auch nicht mit dem Asylrecht aufrechnen. Minuspunkte für Muslime wird es ebenfalls nicht geben – auch wenn sich das manche heimlich wünschen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Daniel Bax ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz. Er schreibt über Innen- und Außenpolitik in Deutschland, über die Linkspartei und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 veröffentlichte er das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.