: Bush ignoriert Kongress
Der Auswärtige Ausschuss des US-Senats lehnt die Truppenverstärkungim Irak ab. „Das wird uns nicht stoppen“, erklärt Vizepräsident Dick Cheney
VON BERND PICKERT
Nur einen Tag nachdem US-Präsident George W. Bush in seiner Rede zur Lage der Nation den Kongress gebeten hatte, seiner „neuen“ Irakpolitik eine Chance zu geben, hat der Auswärtige Ausschuss des Senats diese Bitte klar zurückgewiesen. Es sei „nicht im nationalen Interesse der Vereinigten Staaten, ihr militärisches Engagement im Irak zu vertiefen, insbesondere nicht durch eine Eskalation der im Irak präsenten militärischen Kräfte“, heißt es in einer Resolution, die der Ausschuss mit zwölf zu neun Stimmen verabschiedete.
Mit der demokratischen Mehrheit stimmte der seit langem Bush-kritische republikanische Senator Chuck Hagel. Zwar hatten auch andere republikanische Senatoren ihre Unzufriedenheit über die Bush-Pläne einer Erhöhung der Truppenstärke im Irak ausgedrückt. Bei der Abstimmung blieben sie auf Bush-Linie. Senator Richard Lugar, der führende Republikaner im Auswärtigen Ausschuss, sagte, eine Stimme für diese Resolution „bestätigt unseren Freunden und Verbündeten, dass wir gespalten und uneins sind“.
Die Resolution soll voraussichtlich kommende Woche im Senatsplenum abgestimmt werden. Sie hat keine verbindliche Wirkung. Die Demokraten hoffen dennoch auf republikanische Stimmen, um den politischen Druck auf den Präsidenten weiter erhöhen zu können.
Unbeeindruckt von der Oppositionsmehrheit zeigte sich Vizepräsident Dick Cheney in einem Interview mit dem Fernsehsender CNN. Die Demokraten „werden uns nicht stoppen“, sagte Cheney, der ständig mit CNN-Interviewer Wolf Blitzer aneinander geriet. In aggressivem Tonfall klagte Cheney, die Medien würden aus dem Irak immer nur die schlechten Nachrichten berichten. Dabei gebe es mannigfaltige Fortschritte, allen voran die Absetzung und Hinrichtung des ehemaligen Diktators Saddam Hussein. Wäre er noch da, wäre Irak in einer schrecklichen Situation, sagte Cheney. Darauf CNN-Interviewer Wolf Blitzer: „Die gibt es doch.“ Cheney: „Nein, die gibt es nicht. Es gibt Probleme, fortdauernde Probleme.“ Allgemein aber gelte: „Wir haben enorme Erfolge gehabt, und wir werden weiterhin enorme Erfolge haben.“
Das Wichtigste seien die Absetzung und Hinrichtung Saddam Husseins und die demokratischen Wahlen im Irak. Einer der so Gewählten, Iraks Vizepräsident Adel Abdul Mahdi, erklärte hingegen gestern beim Weltwirtschaftsforum in Davos: „Den Irak zu besetzen war eine idiotische Entscheidung.“ Jetzt komme es auf den Kampf um Bagdad an.
Neben der Ablehnung einer erhöhten Truppenstärke im Irak fordert die Senatsresolution, die irakische Regierung stärker in die Verantwortung zu nehmen und die Nachbarstaaten der Region in eine Lösung mit einzubeziehen. Das hatte, insbesondere im Hinblick auf Syrien und Iran, auch die Iraq Study Group unter Leitung des früheren US-Außenministers James Baker vorgeschlagen. Deren Empfehlungen aber hatte Präsident Bush offen abgelehnt oder ignoriert.
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