piwik no script img

Attac bei Anti-Israel-Konferenz dabei

20 Gruppen veranstalten heute eine „Gerechter Frieden“-Konferenz in Palästina. „Antideutsche“ protestieren

KÖLN taz ■ Ralph Giordano wird nicht kommen. Der Anlass für den Unwillen des 82-jährigen Schriftstellers und Publizisten: Ausgerechnet in seiner Kölner Wahlheimat findet heute eine „Internationale Konferenz für einen gerechten Frieden in Palästina und Israel“ statt. Auch Giordano hat eine Einladung bekommen. Doch auf seine Anwesenheit müssen die Organisatoren verzichten. „Das wird eine ganz einseitige Geschichte“, kritisiert Giordano. „Wie hier mal wieder ganz selbstverständlich Israel einseitig auf die Anklagebank gesetzt werden soll, verbittert mich zutiefst“, empört sich der Holocaust-Überlebende gegenüber der taz über die „seltsamen Friedensfreunde“.

Tatsächlich lässt schon das Konferenzmotto „Stop the Wall“ keinen Zweifel daran, worum es den über zwanzig Veranstaltergruppen – unter ihnen die Attac-AG Globalisierung und Krieg, der Bundesausschuss Friedensratschlag, die Deutsch-Palästinensische Gesellschaft, die Internationale Liga für Menschenrechte und auch die israelische Friedensgruppe Gusch Schalom – geht: Sie wollen gegen die „Apartheidmauer“ der Scharon-Regierung protestieren. Mit deren Bau verstoße Israel „ein weiteres Mal gegen das Völkerrecht“. Das intensiviere „die Gewalt, die durch die Besatzungsherrschaft gegen die palästinensische Bevölkerung ausgeübt wird“, und provoziere „erneut Gegengewalt“, wie es in der „Kölner Erklärung“ heißt, die Grundlage der Konferenz ist. Die palästinensischen Selbstmordattentate finden dort hingegen keine besondere Erwähnung.

400 Teilnehmer erwarten die Organisatoren, darunter auch einige illustre Gäste wie den renommierten israelischen Historiker Mosche Zuckermann, Andreas Buro vom Komitee für Grundrechte und Demokratie, die Rechtsanwältin und „alternative Nobelpreisträgerin“ Felicia Langer sowie verschiedene Aktivisten aus Israel und den besetzten Gebieten. Auch mit dabei: der ehemalige Bundesarbeitsminister Norbert Blüm. Der Christdemokrat soll am Nachmittag über die „Verantwortung Deutschlands und Europas im israelisch-palästinensischen Konflikt“ diskutieren.

Ob er dazu kommen wird, könnte auch von einem Bündnis von knapp 30 vorwiegend „antideutschen“ Gruppen abhängen, das unter der Losung „Fence Out Terror!“ zum Protest gegen die „antizionistische Konferenz“ aufgerufen hat. „Die Organisatoren der Konferenz reden vom ‚gerechten Frieden‘ und meinen in Wirklichkeit den Krieg gegen Israel“, kritisiert Bündnissprecherin Mirjam Körner. Deshalb gelte es, „praktische Solidarität zu zeigen mit dem Land, das gegründet wurde, um all jenen, die von Antisemiten verfolgt werden, Schutz zu bieten“.

Nach Auffassung des Bündnisses, das auch von dem umstrittenen Münchner Bundeswehrprofessor Michael Wolffsohn unterstützt wird, handelt sich denn auch bei dem umstrittenen Grenzzaun um einen „Anti-Terror-Zaun“ mit „rein defensivem und passivem Charakter“. Er sei notwendig, „solange der antisemitische Terror gegen israelische Bürger von palästinensischer Seite nicht aufhört“.

Die Veranstalter von „Stop the Wall“ verstehen indes die Aufregung über ihre Konferenz nicht. Gegen den Vorwurf der Einseitigkeit sprächen doch schon die vielen palästinensischen und jüdischen Organisationen sowie Solidaritätsgruppen, die hinter ihr stünden, so Jens-Peter Steffen, friedenspolitischer Sprecher der Ärztevereinigung IPPNW. Es sei „nicht so, dass alle unisono eine Position vertreten“. Kritiker seien denn auch herzlich eingeladen, zu der Konferenz im Kölner Bürgerzentrum „Alte Feuerwache“ zu kommen: „Wir sind offen und suchen das Gespräch“, sagte Steffen.

Dieser Einladung wollen die Kritiker heute auf ihre Weise nachkommen: Mit einer Gegenkundgebung vor dem Veranstaltungsort – um „das Recht auf Selbstverteidigung des Staates Israel gegen die TeilnehmerInnen und BesucherInnen der Konferenz zu verteidigen“. Als Rednerin haben sie unter anderem Beate Klarsfeld eingeladen.

PASCAL BEUCKER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen