Kinkel stoppt Radio für Bürgerrechte

■ Birmesischer Oppositionssender der Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi darf nach einer Intervention des Auswärtigen Amts keine Einrichtungen der deutschen Telekom benutzen. SPD übt heftige Kritik

Berlin (taz) – Klaus Kinkel (FDP) mag das Militärregime in Birma nicht behelligt sehen: Das Auswärtige Amt hat der deutschen Telekom ein Geschäft mit dem birmesischen Oppositionssender Demokratische Stimme Birmas verboten. Der Sender steht der Friedensnobelpreisträgerin Aun San Suu Kyi nahe und wollte die Jülicher Transmitterstation der Telekom nutzen, um die Empfangsqualität der täglich einstündigen Sendungen in Birma zu verbessern. Die SPD hat die Entscheidung der Bundesregierung, die schon im August dieses Jahres fiel, aber erst jetzt bekanntgeworden ist, heftig kritisiert.

Ein Sprecher der Telekom wollte gegenüber der taz nicht zu dem Fall Stellung nehmen. „Wir äußern uns nicht zum Stand von Einzelverträgen, die wir mit Kunden schließen.“ Der Sprecher sagte, die Telekom müsse unparteiisch und unabhängig handeln, aber übergeordnete Gesichtspunkte berücksichtigen. Dies habe nichts damit zu tun, daß die Telekom noch in Bundesbesitz sei.

Nach Auskunft eines Mitarbeiters des Kurzwellensenders Jülich, der seinen Namen nicht nennen wollte, habe der Vertrag im Umfang von jährlich rund 100.000 US- Dollar kurz vor dem Abschluß gestanden. Das Auswärtige Amt habe dann jedoch eine unmißverständliche Empfehlung ausgesprochen, die einem Verbot des Geschäfts gleichgekommen sei. Eine weitere Begründung habe es nicht gegeben. In einem der taz vorliegenden Brief hatte ein Mitarbeiter der Telekom-Jülich den Radiobetreibern mitgeteilt: „Wir können die Entscheidung nicht verstehen und bedauern sie.“

Das Auswärtige Amt war am gestrigen Nachmittag gegenüber der taz nicht zu einer Stellungnahme in der Lage. Am Vortag hatte ein Sprecher gegenüber der Deutschen Welle die Entscheidung damit begründet, daß bisher noch nie eine Oppositionsgruppe die Erlaubnis bekommen habe, eine bundesdeutsche Einrichtung zu nutzen, um Programme gegen die Regierung eines Landes auszustrahlen. Eine rechtliche Begründung nannte der Sprecher nicht. Die Telekom ist eine Aktiengesellschaft, die sich noch im ausschließlichen Besitz des Bundes befindet.

Der stellvertretende Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, der Kieler Bundestagsabgeordnete Norbert Gansel (SPD), sagte: „Offenbar hat das Auswärtige Amt bei dem Export von Meinungen und Information mehr Skrupel als beim Export von Waffen und Rüstung.“ Das passe auf das „Gerede von der internationalen Kommunikationsgesellschaft wie die Faust aufs Auge“, so der Abgeordnete. Gansel bezeichnete die Intervention des Außenministeriums als das „bundesrepublikanische Gegenstück zum Versuch der iranischen Mullahs, die Satellitenschüsseln abzudrehen“, und kündigte an, sich des Falles anzunehmen.

Die Demokratische Stimme Birmas hat ihren Sitz im norwegischen Oslo und ist das Sprachrohr der im Grenzgebiet zu Thailand angesiedelten birmesischen Exilregierung. Harn Yawnghwe, der als Berater der Exilregierung an den Verhandlungen mit der Telekom beteiligt war, sagte der taz, der Sender werde von den Regierungen der USA, Norwegens, Schwedens und Dänemarks finanziell unterstützt. Harn nannte die Entscheidung des Bonner Auswärtigen Amtes „unverständlich“. Sie sei inkonsistent mit der bisherigen Politik der deutschen Bundesregierung, die die UN-Resolution für Birma mitgetragen habe. Darin wird die Oppositionsbewegung von Suu Kyi als Gewinnerin der Wahlen 1990 anerkannt.

Der Sender sei unabhängig und mache ein professionelles Programm. Es werde keine Gewalt propagiert, sondern in birmesisch und vier weiteren Sprachen ethnischer Minderheiten aufgeklärt. Der Sender verbreite Informationen, die in dem südostasiatischen Land von der Militärjunta unterdrückt werden. Sven Hansen