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Gastkommentar„Eine Stunde mehr“

■ Ex-Bildungssenator Franke (SPD) zur Reform der Lehrerarbeitszeit

Der Fehler ist älter als die Amtszeit von Bringfriede Kahrs. Schon Bildungsstaatsrat Hoffmann und Bildungssenator Scherf sind dem fulminanten Irrtum aufgesessen, der Staat könne die Lehrerarbeitszeit durch einen Vertrag mit der GEW regeln. Zum einen kann die GEW gar nicht verbindlich für alle Bremer Lehrer handeln, zum anderen ist zumindest die Regelung von Arbeitszeit für beamtete Lehrer ein hoheitlicher Akt, der nicht durch Absprachen mit einem Senator und einer Gewerkschaft ersetzt werden kann.

Vollends zum Pipifax wurde diese unverbindliche Abrede, als beide Partner alles auf das freiwillige Mitmachen der einzelnen Lehrer abstellten. Es gehört schon viel Naivität dazu, von der freiwilligen Beteiligung aller Lehrer bei der Beseitigung ihrer Privilegien auszugehen.

Lehrer verbringen nicht einmal zwei Drittel ihrer Arbeitszeit am Arbeitsplatz Schule. Was sie mit ihrer Arbeitszeit zu Hause anfangen, wissen nur sie selbst. Ebenso unbekannt bleibt, was sie in der Ferienzeit treiben. Dieses Verschwinden von Arbeitszeit im Dämmerlicht des Privaten findet auch bei Richtern, Staatsanwälten und Hochschullehrern statt. Ihr Gehalt wird im guten Glauben gezahlt.

Diese Situation radikal dadurch verändern zu wollen, daß diesen öffentlichen Dienerinnen und Dienern abverlangt wird, freiwillig ihre jeweilige Arbeitszeitverbringung transparent zu machen, ist weltfremd. Es kann dabei nur ein Desaster herauskommen. Weil der Unsinn einer freiwilligen Umwandlung der Struktur der Arbeitszeit schiefgeht, werden Vorurteile gegen die „faulen Säcke“ aktiviert. Die engagierten Lehrerinnen und Lehrer sind über die Diffamierung zu Recht wütend, die anderen kratzt es nicht. Frust ist Folge, wo Motivation sein sollte.

Schule ist ein Massenbetrieb mit guten, schlechten und durchschnittlichen Lehrerinnen und Lehrern. Sie so zu behandeln, als wären sie nur eine kleine handverlesene und hochmotivierte Gruppe, mit der Absprachen getroffen werden könnten, die alle redlich erfüllen, ist sowohl von der GEW als auch von der Behörde dämlich gewesen.

Die Arbeitszeit für Lehrerinnen und Lehrer an bremischen Schulen kann nur hoheitlich geregelt werden. Was Niedersachsen hinter sich gebracht hat, hat jetzt Bremen vor sich. Eine Unterrichtsstunde mehr heißt die Forderung des Tages! Vergeßt nicht, daß andere für Bremen zahlen! Und Eingeweihte werden mir zuzwinkern, daß die Stunde mehr in der Schule mit Wegfall häuslicher Arbeitszeit kompensiert werden kann. Der Lehrerberuf bleibt attraktiv.

Bringfriede Kahrs muß in den Kollegien den Unsinn aus der Welt bringen, der vom Vorgänger stammt. Sie wird die Stunde der Wahrheit überleben, am leichtesten, wenn sie das Versprechen für Neueinstellungen mitbringt. H.W.Franke

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