: Polizisten kosen?
■ Ex-GAL-Abgeordneter wurde wegen Beamtenbeleidigung verurteilt
Ist das Wort „Schmiermichel“eine Beleidigung oder eine Liebkosung? Vor dem Hamburger Amtsgericht mußte sich am Gründonnerstag der ehemalige GAL-Bürgerschaftsabgeordnete und heutige Geschäftsführer der Lerchenhof-Genossenschaft, Michael Herrmann, gegen den Vorwurf verteidigen, Polizisten beleidigt zu haben.
Vor einem Jahr soll Herrmann, so die Anklage, eine Durchsuchung seines Hauses mit den Worten kommentiert haben, „Schmiermichel“wolle er nicht in seinen eigenen vier Wänden haben. Zuvor hatten ihm die Beamten verwehrt, der Razzia beizuwohnen, obwohl die Strafprozeßordnung ihm dieses Recht einräumt. Zwar richtete sich die ergebnislose Suche nach Drogen nur gegen seinen Untermieter, das vermeintliche Scheinhinrichtungs-Opfer Joel Boateng, doch auch die nur von Herrmann genutzten Räume wurden inspiziert.
Zunächst hatte sich keiner der Beamten beleidigt gefühlt und Strafantrag gestellt. Es gäbe wirklich „schlimmere Beleidigungen“, so der am Einsatz beteiligte Polizist Rainer G. vor Gericht. Doch ein für Drogendelikte zuständiger Staatsanwalt informierte nach Lektüre des Einsatz-Protokolls einen höheren Polizeibeamten über den Vorgang, der wiederum einen am Einsatz beteiligten Beamten dazu bewegen konnte, drei Monate nach dem Zwischenfall gerade noch fristgemäß Anzeige zu erstatten.
Herrmann entgegnete, der Begriff „Schmiermichel“sei ein wertneutrales „Kosewort“für Polizisten, daß in St. Pauli und Umgebung ohne beleidigenden Charakter gebraucht werde. Auf die Frage der Staatsanwältin, ob der denn die Polizisten hätte verbal „liebkosen“wollen, räumte Herrmann ein, daß er ganz so weit tatsächlich nicht hatte gehen wollen.
Amtsrichter Nix befand, Beleidigung bliebe Beleidigung, ganz unabhängig davon, ob der Polizeieinsatz legal gewesen sei und die Beamten sich beleidigt gefühlt hätten. Und weil dem so sei, wurde Michael Herrmann zu einer Geldstrafe von 1600 Mark verdonnert. Herrmann-Verteidiger Matthias Wisbar kündigte an, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen.
Marco Carini
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