Kein Normalfall

■ Polizeiopfer Dialle D. erneut verurteilt, weil er Jugendlichen geschlagen haben soll

„Das Urteil stand schon vor dem Prozeß fest“, empört sich Dialle D. über die gestern verhängte Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 30 Mark. Der Senegalese soll einen 14jährigen Jungen geohrfeigt und getreten haben, weil dieser ihn als „Nigger“bezeichnet hatte. In der zweiten Instanz bestätigte das Landgericht die Verurteilung des Senegalesen durch das Amtsgericht.

Daß das Verfahren unter einem besonderen Stern stand, bekräftigte auch der Anwalt von Dialle D., Rolf-Eckard Puls. Sein Mandant sei kein Unbekannter, erinnerte er das Gericht in seinem Plädoyer, weil er 1994 von Polizisten zusammengeschlagen wurde und mit der Veröffentlichung dieser Mißhandlung den Hamburger Polizeiskandal ausgelöst hatte. „Im Normalfall wäre das Verfahren wegen des geringen Tatvorwurfes eingestellt worden“, war er sich sicher.

Das Gericht hielt dem Senegalesen sogar zugute, daß er sich von der Bezeichnung „Nigger“beleidigt fühlen durfte. Dennoch verurteilte es scharf die „körperliche Züchtigung“. Daß es zu Schlägen und Tritten überhaupt kam, bestritt Dialle D., während der 14jährige Christian K. eben das vor Gericht beteuerte. Ein Nachbar, der an jenem Abend im Februar 1995 lautes Rufen hörte und aus dem Fenster schaute, sah „einen Afrikaner“mit der Hand ausholen. Einen Schlag konnte er aber nicht beobachten, ebensowenig wie ihm möglich war, zu sagen, ob „der Afrikaner“Dialle D. oder dessen Freund gewesen sei.

Dieser Freund war damals zugegen und entlastete D. Er versicherte dem Gericht, daß dieser weder geschlagen noch getreten habe. Das Gericht glaubte ihm nicht. Vielmehr deutete es an, daß der ebenfalls aus dem Senegal stammende Freund nun mit einem Verfahren wegen falscher uneidlicher Aussage zu rechnen habe. ee