: Streit in der SPD um Homorechte
■ Koalitionsverhandlungen: Teile der SPD wollen Gleichstellung Homosexueller verhindern – und ignorieren Beschlüsse des Bundesrats
Berlin (taz) – Bei den laufenden rot-grünen Koalitionsverhandlungen bahnt sich ein Konflikt um die Gleichstellung Homosexueller an. Eine antidiskriminierende Reform gegen Diskriminierung haben sich beide Parteien im Wahlkampf noch explizit auf die Fahnen geschrieben. Sowohl SPD als auch – weitergehender – die Grünen erklärten, die rechtliche und gesellschaftliche Stellung schwuler Männer und lesbischer Frauen verbessern zu wollen. Vor allem sollten homosexuelle Lebensgemeinschaften nicht mehr als nichtexistent behandelt werden.
Der von der SPD dominierte Bundesrat verabschiedete noch am 10. Juli eine Entschließung, in der die christliberale Bundesregierung aufgefordert wird, „einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem ein Rechtsinstitut ,Eingetragene Partnerschaften‘ für Partnerinnen und Partner des gleichen Geschlechts geschaffen wird“. Damit sei ein „Rechtsinstitut“ gemeint, das „eine amtliche Eintragung der Lebensgemeinschaft sowie Rechte und Pflichten beinhalten, die denen von Eheleuten entsprechen“. Mit dieser Formulierung verhinderte der Bundesrat einen Konflikt mit dem Grundgesetz, das die (heterosexuelle) Ehe und Familie als besonders schutzwürdig privilegiert. Der Antrag wurde mit Mehrheit verabschiedet – und von Bayern und Baden-Württembergs Unionsvertretern gegeißelt.
Nach dem rot-grünen Wahlsieg waren nicht nur Grüne davon überzeugt, daß die Bundesratsinitiative die Grundlage für die künftige Rechtspolitik einer rot-grünen Regierung sein würde. Zumal Politiker wie Franz Müntefering gegenüber der Homozeitung Queer deutlich bekundeten, der rechtlichen Diskriminierung ein Ende zu bereiten. Darüber hinaus stand ein Streit schon deshalb nicht zu erwarten, weil Gerhard Schröder während seiner Zeit als Ministerpräsident Niedersachsens für die Einrichtung eines Homoreferats in seiner Regierung gesorgt hatte. Die niedersächsische Landesregierung war es auch, die zusammen mit Hamburg und Schleswig-Holstein die Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht hat.
Die Grünen waren intern bereit, bei einem Gesetzgebungsverfahren auf den Begriff „Ehe“ für homosexuelle Lebensgemeinschaften zu verzichten, um keinen „Kulturkampf“ (katholische Kirchenfunktionäre) zu provozieren.
Nun ist aus SPD-Kreisen durchgesickert, daß insbesondere die als künftige Justizministerin gehandelte Herta Däubler- Gmelin sich an den Konsens nicht halten will, wie sie in der Koalitionskommission betonte. Eine Gleichstellung mit der Ehe komme nicht in Frage, selbst eine Lösung, wie sie in skandinavischen Ländern üblich sei – der Begriff „Ehe“ wird vermieden –, billige sie nicht.
Ein Streit ist somit auch auf höchster SPD-Ebene programmiert. Christine Bergmann, Berlins Arbeitssenatorin und SPD-Familienministerin in spe, erklärte die Homoehe zu ihren politischen Zielen: „Alles andere wäre Diskriminierung.“ Ein Mitglied der Schwusos: „Wir haben Wahlkampf für eine andere Politik gemacht.“ Jan Feddersen
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