: Öcalan droht mit hartem Kampf
■ PKK-Chef fordert von Ankara Verhandlungsbereitschaft. Deutschland und Italien kündigen eine EU-Initiative zur Kurdenfrage an. PKK schießt türkischen Armee-Hubschrauber ab
Rom/Bonn/Ankara (dpa/rtr) – Der in Rom festgenommene Kurdenführer Abdullah Öcalan hat mit einem „harten Kampf“ gedroht, falls Ankara eine politische Lösung der Kurdenfrage verhindert. „Wenn sich die neue türkische Regierung nicht an den Verhandlungstisch setzt, dann wird der Kampf härter und die Konsequenzen werden schwerwiegend sein“, sagte der Chef der verbotenen Separatistenorganisation Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) nach einem Bericht der italienischen Zeitung La Stampa von gestern.
Bundesaußenminister Joschka Fischer und sein italienischer Kollege Lamberto Dini verabredeten am Samstag in Rom, eine gemeinsame EU-Initiative zur friedlichen Lösung des Kurdenproblems in der Türkei einzubringen. „Wir Europäer können den politischen Kern des Problems nicht wegdrängen. (...) Wir müssen mit der Türkei darüber reden.“
Dagegen spricht die Türkei Europa das Recht ab, sich in die Kurdenfrage einzumischen. Der amtierende Ministerpräsident Mesut Yilmaz sagte am Samstag abend in einem Interview des türkischen Nachrichtenkanals NTV, sowohl in Italien als auch in Deutschland habe „die Politik das Recht überholt“. Die Regierung in Ankara brachte am Samstag offiziell einen Auslieferungsantrag für Öcalan auf den Weg. Sie warnte jedes Drittland, Öcalan aufzunehmen. Einen Prozeß vor einem internationalen Gerichtshof lehnt Ankara strikt ab.
Der italienische Ministerpräsident Massimo D'Alema schließt eine Abschiebung Öcalans nicht aus. „Wenn es keine Möglichkeit gibt, ihm den Prozeß zu machen, dann wird er zu einem illegal eingereisten Bürger. Also: Entweder bekommt er Asyl, oder er wird ausgewiesen.“ Über das Asylgesuch Öcalans in Italien entscheidet das Innenministerium. Dafür gibt es keine zeitliche Befristung. Öcalan war am 12. November von Moskau kommend auf dem Flughafen Rom festgenommen worden.
Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) sieht im Fall des Kurdenführers keinen Zeitdruck. Öcalan könne noch für lange Zeit rechtmäßig in Italien in Haft bleiben, sagte Däubler-Gmelin am Samstag abend in den ARD-Tagesthemen. Die Bundesregierung hatte am Freitag endgültig auf die Auslieferung Öcalans aus Italien verzichtet. Gegen ihn liegt ein deutscher Haftbefehl wegen Mordes und Anschlägen vor.
In mehreren deutschen Städten haben am Samstag rund 18.000 Türken friedlich gegen die verbotene Kurdische Arbeiterpartei (PKK) demonstriert und die Auslieferung des PKK-Chefs an die Türkei verlangt. Unter dem Motto: „Hand in Hand gegen den Terror“ zogen nach Angaben der Polizei bis zu 4.500 Türken in Bonn-Bad Godesberg vor die italienische Botschaft. Demonstrationen gab es auch in Berlin, Nürnberg und München.
Unterdessen hat der türkische Generalstab nach einer Meldung der staatlichen Nachrichtenagentur Anatolien gestern Angaben der Kurdenrebellen von der PKK bestätigt, sie hätten am Vortag im Südosten des Landes einen Armee-Hubschrauber abgeschossen. 16 Soldaten seien dabei getötet worden.
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