piwik no script img

Einigkeit und Recht und Schulden ...

■ ... für das Bremer Vaterland / SPD, CDU, Grüne und DVU „begrüßen“ gemeinsam das Karlsruher Urteil zum Länder-Finanzausgleich / Grüne sehen allerdings einige „Fallen“

Einstimmig hat die Bremische Bürgerschaft gestern das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Länderfinanzausgleich begrüßt. Der Entschließung von SPD, CDU und Grünen hat auch der DVU-Abgeordnete Siegfried Tittmann zugestimmt. In dem Text begrüßt es die Bürgerschaft, „dass das Bundesverfassungsgericht dem Angriff der klagenden Länder auf den Föderalismus ... eine deutliche Absage erteilt“.

Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) sowie die Fraktionsvorsitzenden Jens Böhrnsen (SPD) und Jens Eckhoff (CDU) erklärten, das Urteil sei eine Chance für Bremen auf einen gerechteren Finanzausgleich. Bremen sei immer bereit, sich dem „politischen Einigungszwang“ zu stellen, erklärte Perschau. Bremen müsse in den nun anstehenden Verhandlungen erreichen, dass die „Proportionalität“ von Wirtschaftskraft und Steuerkraft wiederhergestellt werde.

Grünen-Fraktionssprecher Helmut Zachau erwähnte demgegenüber auch die „Fallen, die man sehen muss“. Nach seiner Ansicht haben die gebenden Länder kein Interesse, ein Maßstäbegesetz „zügig zum Erfolg zu bringen“: Wenn der gesetzte Termin verstrichen sei, „dann gibt es keinen Länderfinanzausgleich mehr“. Zachau: „Diese Falle darf man nicht schön reden.“ Zum Thema der „Übernovellierung“ sei das Gericht zudem „im Kern den klagenden Ländern gefolgt“, meinte Zachau, nach den Kriterien des Gerichtes hätte Bremen die Sanierungs-Hilfen nicht bekommen, weil es wie die klagenden Länder Länderfinanzausgleich und Bonner „Ergänzungszuweisungen“ in der Betrachtung zusammenrechnet. Zachau erinnerte auch daran, dass der Bundesfinanzminister Willi Eichel zu den Bundesergänzungszuweisungen eine andere Haltung vertrete als sein Vorgänger Oskar Lafontaine. Und er warf die Frage auf, ob die Zustimmung des Senats zu den erheblichen Kürzungen bei Radio Bremen die „Morgengabe“ sei, mit der der Bremer Senat in die Verhandlungen gehen wolle. „Das darf nicht das Modell sein“, kritisierte Zachau. In den nun anstehenden Verhandlungen wollen die Grünen aber dazu beitragen, dass die Finanzausstattung für Bremen sich nicht verschlechtert und stimmten deshalb der gemeinsamen Erklärung zu.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Jens Böhrnsen meinte zu dem Grünen, es sei „ganz unangemessen, mit Pessimismus in die Zukunft zu spekulieren“. Das Gericht habe die Kläger „souverän abgeschmettert“. Bremen werde „künstlich arm gerechnet“ durch das derzeitige System. Ziel müsse es sein, dass die Wirtschaftskraft Bremens sich in seiner Finanzkraft widerspiegelt. Wenn die Steuerverteilung wieder so passiere wie vor 1969, „wäre Bremen Geberland“.

Dies unterstrich auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Jens Eckhoff. Erstaunlicherweise habe Bremen 1969 der neuen Regelung über die Steuerzerlegung zugestimmt, man habe das auch noch in Bremen gefeiert. Es müsse über einen „Sys-temwechsel“ nachgedacht werden, um die „Fehler von 1969“ zu korrigieren.

Eine Debatte fand in der Bürgerschaft nicht statt, es gab keine Redebeiträge nach den Erklärungen der Fraktionsvorsitzenden. Der SPD-Bundestagsabgeordnete und frühere Bremer Finanzsenator Volker Kröning hatte sich schon in den vergangenen Tagen skeptischer geäußert. Das Urteil sei „für die Beklagten mehr Niederlage als Sieg“, glaubt Kröning nach intensiver Lektüre des Urteilstextes. K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen