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Bullenauftrieb für Landeshauptmann

■ Proteste gegen Haider-Auftritt im Fernsehen geplant. Polizei erarbeitet nach Zeitungsbericht neues Sicherheitskonzept

Unter höchster Geheimhaltungsstufe plant die Berliner Polizei ihr Sicherheitskonzept für einen Talk-Gast eines kleinen Nachrichtensenders. Dabei handelt es sich nicht um den Staatsgast einer großen Nation, sondern um einen Landeshauptmann: Jörg Haider aus Österreich.

Die Polizei will ihr bisheriges Sicherheitskonzept über den Haufen werfen, da eine Berliner Boulevardzeitung vorab ausführlich über Einzelheiten des Konzepts berichtet hatte.

Für den am Sonntagabend vorgesehenen Auftritt des rechtspopulistischen Politikers sind Demonstrationen linker Gruppen geplant. In unmittelbarer Nähe des Hotels Intercontinental, wo Haider als Vorsitzender der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) am Sonntagabend an einer Fernsehdiskussion teilnehmen soll, ist nach zuverlässigen Informationen der taz mit Aktivitäten der linken Gruppen zu rechnen.

Die Jusos wollen nach Angaben eines Sprechers den SPD-Politiker Freimut Duve dazu bewegen, seine Teilnahme an der Diskussion abzusagen. Neben Duve sind auch der Journalist Ralph Giordano und der Bundestagsabgeordnete Michael Glos (CSU) eingeladen. Bereits lange vor Beginn der Liveübertragung des Senders n-tv, in dessen Auftrag die von Erich Böhme moderierte Sendung „Talk in Berlin“ produziert wird, soll protestiert werden. Auch Störungen im Diskussionsraum seien nicht ausgeschlossen.

Bei der Polizei sind bisher keine Protestveranstaltungen angemeldet. In ständigem Kontakt mit dem Sender und den Securityexperten des Hotels will sie einen störungsfreien Ablauf garantieren.

Der Staatsschutz hat beim Sender und dem Hotel absolute Verschwiegenheit über das neue Sicherheitskonzept angemahnt. Auch mit dem Büro Haiders ist abgesprochen, keine Details bekannt zu geben. Eine Polizeisprecherin bestätigte gestern lediglich: „Straßensperrungen in der Umgebung des Hotels sind nicht geplant.“

Offenbar gibt es auch Überlegungen, die Sendung um 14 Uhr aufzuzeichnen – sofern dies Haiders Terminkalender zulässt. Nach den ursprünglichen Planungen sollte der „Ziehvater des österreichischen Rechtsextremismus“ erst kurz vor Sendebeginn mit dem Flugzeug eintreffen. Sein Rückflug heim ins österreichische Kärnten ist noch für denselben Abend vorgesehen. Dirk Hempel

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