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Monopolist Microsoft mag sinkende Preise nicht

Vor Gericht will der Software-Konzern einen Einzelhändler der „Produkt-Piraterie“ überführen. Der hatte Computerprogramme billiger verkauft, als Microsoft sie selbst anbietet. Das sei nicht Konkurrenz, sondern eine Fälschung, argumentieren Bill Gates’ Angestellte jetzt

KÖLN taz ■ Missbraucht der Software-Gigant Microsoft wie in den USA auch in Deutschland seine dominante Marktstellung? Diese Frage beschäftigt ab heute das Landgericht Köln. Microsoft beschuldigt einen Software-Einzelhändler aus Brühl bei Köln, dass er gefälschte „Microsoft Office 97“-Lizenzen an die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) Rheinland verkauft hat.

In der Tat haben die insgesamt 35 veräußerten Lizenzen die identische Seriennummer – was für Microsoft auf die illegale Weitergabe hindeutet. Für Eberhard Reinecke, der Anwalt des beklagten Software-Händlers, ist die Sachlage hingegen nicht so eindeutig. Er glaubt, dass Microsoft seinem Mandanten mit dem Vorwurf der „Software-Piraterie“ ein gutes Geschäft kaputt machen wollte. Der Software-Händler hatte der AOK Rheinland die „Office“-Lizenzen für rund 250 Mark unter dem Preis verkauft, den Microsoft verlangt.

Für Microsoft-Sprecherin Martina Wimmer ist die Sachlage klar: „Wir gehen davon aus, dass es sich um Fälschungen handelt.“ Wegen des Verstoßes gegen das Urheberrecht und das Markenrecht fordert die US-amerikanische Software-Schmiede 31.000 Mark.

Rechtsanwalt Reinecke will vor Gericht das Gegenteil belegen. Nach der Erfahrung seines Mandanten sind identische Lizenznummern bei Microsoft durchaus üblich. Der Brühler Software-Händler habe mehrfach Lieferungen von Microsoft-Zwischenhändlern bekommen, bei denen die Nummern gleich waren, sagt Reinecke. Beispielsweise erhielt die beklagte Firma nach eigenen Angaben am 28. Juni 1999 immerhin 36 Exemplare von „Microsoft 98 Small Business“ mit gleichlautenden Lizenzen geliefert. Die Öffnung des Paketes haben die Inhaber des Software-Geschäfts als Beweis für ihre Unschuld auf Video festgehalten.

Auf Nachfrage räumt Microsoft-Sprecherin Wimmer ein, dass durchaus identische Seriennummern bei den Produkten ihres Unternehmens vorkommen könnten. Die „Office“-Lizenzen seien aber Fälschungen. „Das kann man am günstigen Preis erkennen“, so Wimmer.

Microsoft beziffert den „üblichen“ Preis für sein „Office 97“ auf 919 Mark netto. Großkunden bekommen Rabatte eingeräumt. Der Brühler Einzelhändler verlangte von der AOK Rheinland einen Nettopreis von 473 Mark. Die beklagte Firma hoffte auf Folgeaufträge von der Krankenkasse. Insgesamt erwarb die AOK seinerzeit bundesweit 50.000 „Office“-Lizenzen, schätzt Anwalt Reinecke.

Um sich rückzuversichern, ließ die AOK Rheinland die erste Lieferung des Software-Händlers von Microsoft überprüfen. Einen Monat ließ sich der Konzern Zeit, bis er der AOK mitteilte, dass die Lizenzen gefälscht seien. Die Krankenkasse trat dann von dem Geschäft zurück und kauft die „Office“-Lizenzen bei einem anderen Händler - das Stück 250 Mark teurer.

Reinecke wirft Microsoft vor, „mit dem angeblichen Kampf gegen die Produktpiraterie“ die Preise hochzuhalten. Die Lizenzen, die sein Mandat der AOK verkauft hatte, seien echt. Seiner Rechnung nach ist den AOK-Beitragszahlern „durch künstlich hochgehaltene Monopolpreise ein Schaden von circa 12,5 Millionen Mark entstanden“.

Microsoft hat derweil angekündigt verstärkt gegen „Softwarepiraterie“ vorzugehen. Nach Aussage von Wimmer verzeichnet der Konzern einen „starken Anstieg“ von Fälschungen. Allein in den nächsten Wochen stehen mehr als 30 Verfahren an, so Wimmer.

Die beiden Eigner des Brühler Software-Geschäftes wundern sich derweil. Trotz des laufende Verfahren wurden sie als „profilierte Microsoft-Handelspartner“ ausgezeichnet.

MARTIN MURPHY

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