: Milliardenregen für Hans Eichel
Summen bei Mobilfunkversteigerung steigen schon um zehn Milliarden Mark pro Tag. Erste Forderungen: Finanzministerium soll das Geld für Mittelstand oder Autobahnen ausgeben. Telekom verschiebt Börsengang der Mobilfunktochter
von MARIA KLEINSCHROTHund MATTHIAS SPITTMANN
In der 100. Bieterrunde der Mobilfunkauktion stand der Pegel für Finanzminister Hans Eichel (SPD) gestern schon bei 30,7 Milliarden Mark. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Alle Telefonkonzerne, ob deutsch oder internationales Konsortium, boten noch munter mit. Damit lagen die sieben Konkurrenten gestern Nachmittag schon zehn Milliarden Mark über der Summe, die das Bundesfinanzministerium im Haushalt 2001 eingeplant hat.
In Mainz werden derzeit die deutschlandweiten Lizenzen für die nächste Generation von Mobiltelefonen versteigert. Sie arbeiten nach dem internationalen Standard UMTS und sollen Daten schneller übertragen können als heutige ISDN-Telefonleitungen. Der mobile Handel per Internet und Handy und damit hohe Profite sollen garantiert sein.
Beobachter schätzten angesichts des ungebrochenen Bietereifers die Endsumme der Auktion inzwischen auf 50 Milliarden Mark. Diese Summe müssten die siegreichen Konzerne an den Finanzminster überweisen. Sie soll in den Schuldenabbau des Bundes gehen. Dann würden in den kommenden Jahren jeweils drei Milliarden Mark weniger Zinsen und Tilgung anfallen. Dieses Geld könnte dann anderweitig vergeben werden.
Solche Summen wecken natürlich Begehrlichkeiten. Gestern meldete sich schon einmal Michael Fuchs, der Chef des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Einzelhandels. Er forderte in der Berliner Zeitung eine stärkere Entlastung des Mittelstandes, besonders durch eine Senkung des Spitzensteuersatzes. Ähnlich Handwerkspräsident Dieter Philipp. Den sechsspurigen Ausbau der Autobahn A 1 hat die niedersächsische FDP verlangt. Auch Schiene und Schifffahrt sollten bedacht werden.
Das Bundesfinanzministerium wies diese Forderungen gestern umgehend zurück: Man könne nicht mit einmaligen Einnahmen einen dauerhaften Einnahmeausfall gegenfinanzieren. Außerdem sehe die Beschlusslage für die Jahre 2001 bis 2003 eine Verwendung der eingesparten Zinsen für Bildung und Verkehr vor. Es gibt unterschiedliche Signale, zu welchem Prozentsatz die Milliarden auf die zwei Bereiche verteilt werden.
Der Pressesprecher der Verkehrsclubs VCD, Burkhard Reinartz, meinte: „Diese erfreulichen Erhöhungen bringen überhaupt nichts, wenn die Gelder in den Straßenbau fließen. Vielmehr müssen damit die alternativen Energien gefördert oder das jahrelang vernachlässigte Bahnnetz überholt werden.“
Die Deutsche Telekom hat unterdessen den für diesen Herbst geplanten Börsengang ihrer Mobilfunktochter auf unbestimmte Zeit verschoben. Offizielle Begründung: Der jüngste Kauf des US-Mobiltelefonkonzerns VoiceStream für gut 100 Milliarden Mark. Durch den Erwerb erhöhten sich die Anforderungen an den notwendigen Börsenzulassungsprospekt der T-Mobile International AG, begründete der Konzern den Schritt am Mittwoch. Den Beschluss dürften aber auch die derzeitigen Börsenkurse erleichtert haben. Schon seit Wochen sind Telekommunikationsaktien im Sinkflug. Der Kurs der Deutschen Telekom stand im März über 100 Euro, fiel im August jedoch unter 50. Und die teuren UMTS-Versteigerungen in ganz Europa drücken die Kurse weiter. Die Telekom mitsamt ihrem Haupteigentümer Bundesregierung dürfte auch auf eine Erholung der Kurse und damit höhere Einnahmen beim Börsengang von T-Mobil hoffen.
Stand Auktion: www.regtp.de Lexikon Telefon-Kauderwelsch: www.facts.ch/computer/magazin/0026_ta_mob_story11.htm
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen