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Grüne wandern auf eigenen Wegen

Der kleine Koalitionspartner bricht aus dem Fahrplan der Regierung für die Einwanderungspolitik aus. Mit einem eigenen Drei-Säulen-Modell kommt die Partei der Schily-Kommission zuvor – und reagiert auf die CDU-Diskussion zur deutschen Leitkultur

von LUKAS WALLRAFF

Das Ziel ist klar. Die Grünen wollen in der aktuellen Diskussion um die Einwanderungspolitik endlich wieder Punkte machen und eigene Akzente setzen. „Wir gehen jetzt in die Offensive“, sagte der innenpolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, Cem Özdemir, gestern der taz. Am Mittwoch werden die Grünen ein Thesenpapier vorlegen, das bei der Steuerung der Zuwanderung von einem „Drei-Säulen-Modell“ ausgeht.

Vorgesehen sind dabei „flexible Teilquoten“ für ausländische Fachkräfte, Bürgerkriegsflüchtlinge oder Aussiedler, aber ausdrücklich keine Begrenzung bei der Zahl der Asylbewerber. Mit dem Papier wolle man der Süssmuth-Kommission nicht vorgreifen, so Özdemir, aber: „Wir machen unsere Position klar.“ Politisch heißt das: Wenn die Union heute ihre „Eckpunkte“ zur Einwanderungspolitik vorstellt, wollen die Grünen nicht lange nachstehen. Mit dem Koalitionspartner SPD ist der Vorstoß offenbar nicht abgesprochen. Das Papier beruhe auf einer „rein grünen Absprache“, so Özdemir.

Realo Özdemir ist überzeugt, dass mit den Thesen „jeder in unserer Partei leben“ kann. Schließlich haben bei der Formulierung nicht nur die Parteivorsitzende Renate Künast und Fraktionschefin Kerstin Müller mitgewirkt, sondern auch die Parteilinke Claudia Roth. Özdemir sieht deshalb einen „breiten Konsens“ erreicht. „So ein Papier hat es von uns noch nicht gegeben.“ In der Tat verabschieden sich die Grünen damit endgültig von der früheren Vorstellung der „offenen Grenzen“. Gleichzeitig machen sie aber deutlich, dass am Grundrecht auf Asyl nicht gerüttelt werden dürfe. Im Gegenteil: Auf Grund der europäischen Harmonisierung verspricht sich Özdemir sogar eine „Verbesserung in diesem Bereich“.

Was die Zuwanderung von Fachkräften betrifft, wollen die Grünen Özdemir zufolge „den Anwerbestopp abschaffen“. Es müsse deutlich werden, dass Zuwanderung gewollt wird. Bei deren Steuerung wollen die Grünen aber „keine starre Gesamtquote mehr“, betonte Özdemir. Stattdessen soll es „flexible Teilquoten“ geben, die alle zwei Jahre vom Bundestag nach dem jeweiligen Bedarf festgelegt werden. In der zweiten „Säule“ des grünen Modells soll die Zuwanderung aus politischen und humanitären Gründen geregelt werden. Dazu zählen zum Beispiel Spätaussiedler oder Bürgerkriegsflüchtlinge. Auch für diesen Bereich soll es eine eigene Teilquote geben, die jedoch bei aktuellen Auslandskrisen „flexibel“ gehandhabt wird. Die dritte Säule – ohne Quoten – steht für die Einwanderung aufgrund von Rechtsansprüchen. Dazu zählt der Familiennachzug, die EU-Binnenwanderung und das Grundrecht auf Asyl.

Die grüne Ausländerbeauftragte Beck will derweil mit einem eigenen Papier „wider die Mythen im deutschen Asylrecht“ den Behauptungen entgegentreten, dass nur 3 Prozent der Bewerber anerkannt würden. Nach Becks Darstellung liegt die Anerkennungsquote in Wirklichkeit „zwischen 22 und 29 Prozent“.

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