: Mühlenberger Loch nicht vogelfrei
Verwaltungsgericht stoppt Zerstörung des Elbe-Biotops. Airbus darf A3XX vorerst nicht in Hamburg bauen ■ Von Gernot Knödler und Sven-Michael Veit
„In Deutschland“, befindet Peter Mohr, „gelten eben Gesetze.“ Und genau diese habe das Verwaltungsgericht berücksichtigt, der Hamburger Senat hingegen „immer nur den Willen der EADS“. Und jetzt, sagt der Rechtsanwalt, „ist der Senat eben mit dem Kopf unsanft gegen die Wand gerannt“. Das Hamburger Verwaltungsgericht (VG) hat in der Nacht zu Dienstag die Zerstörung des Mühlenberger Lochs vorerst gestoppt. Die Wirtschaftsbehörde darf deshalb mit der Erweiterung des Finkenwerder Airbus-Werks in die Elbbucht hi-nein nicht beginnen.
Das Verwaltungsgericht erneuerte auf Antrag zweier KlägerInnen, die von Mohr und dessen Kollegen Rüdiger Nebelsieck vertreten werden, die aufschiebende Wirkung ihrer Klagen gegen das Vorhaben der Airbus-Mutter EADS. Das Gericht begründete seinen Beschluss unter Berufung auf Paragraph 9 des Luftverkehrsgesetzes damit, dass die Pläne für das Mühlenberger Loch „privaten, unternehmerischen Zwecken“ dienten. Diese könnten unvermeidbare Gefahren oder Nachteile für die benachbarten Grundstücke nicht rechtfertigen.
Darüber hinaus habe die Wirtschaftsbehörde ihre Pläne „nicht plausibel“ begründet: Viel spreche dafür, dass die geplante Flugzeug-Piste von 2684 Metern nicht ausreiche. Und auch die Frage, ob Flieger Gefahr liefen, mit Schiffen auf der Elbe zu kollidieren, sei nicht geklärt worden. Die Grundstücke der zwei Kläger, deren einstweiliger Rechtsschutz durch den Gerichtsbe-schluss wiederhergestellt wurde, liegen direkt in der Einflugschneise. Nach Einschätzung des Gerichts werden die Airbusse unzumutbaren Lärm an der Grenze zur Gesundheitsgefährdung verursachen.
Weil es sich nicht um einen öffentlichen Flugplatz, sondern den einer Privatfirma handele, könne diese Belastung nicht durch Schallschutzmaßnahmen ausgeglichen werden. Auch mit einer Entschädigung durch Geld müssten sich die Anwohner nicht abspeisen lassen.
Die Gemeinnützigkeit der Airbus-Pläne hielt das Gericht nicht für gegeben, weil sie „unmittelbar den wirtschaftlichen und betriebstechnischen Belangen der EADS“ dienten. Zudem gebe es „keine Garantie“ für die vom Konzern versprochenen mindestens 2000 zusätzlichen Arbeitsplätze. Das widespreche „den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätzen“.
Mohr und Nebelsieck zeigten sich angesichts des „ungeheuren Drucks“, den der Senat ausgeübt habe, erleichtert, „dass das Verwaltungsgericht seine richterliche Unabhängigkeit unter Beweis gestellt und dem Recht zur Durchsetzung verholfen hat“. Und wiesen darauf hin, dass die Kammer „auf gesicherter Rechtsprechung fußt“, indem sie sich auf frühere Urteile des Hanseatischen Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts beziehe: „Das“, sagt Nebelsieck, „ist äußerst sorgfältig begründet“. Er habe keinen Zweifel, dass der Richterspruch in der nächsten Instanz bestätigt werde.
Große Erleichterung über diesen „Etappensieg“ herrschte gestern beim Regenbogen und Gegnern der Werkserweiterung. „Unsere Auffassungen wurden eindrucksvoll bestätigt“, resümierte zufrieden der Regenbogen-Abgeordnete Norbert Hackbusch. „Das ist ein Tag der Freude“, sagte kurz und bündig die Neuenfelder Obstbäuerin Gaby Quast vom Bündnis zum Schutz des Süderelberaums. BUND, NABU und der „Förderkreis Rettet die Elbe“ wiesen darauf hin, dass es keine rechtliche Grundlage für den Ausbau des Werkes gebe. Die Chancen seien „deutlich gestiegen“, das nach nationalem und europäischem Umweltrecht wertvolle Vogelschutzgebiet vor dem Riesenvogel zu retten.
BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch legte sich „nach diesem Urteil“ definitiv fest: „Es wird keine Werkserweiterung geben.“
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