springerstiefel-verbot: Wann kommt der Rohrstock?
Bomberjacken und Springerstiefel gehen Schulleitern und Schülern auf den Geist. Dies umso mehr, wenn die Träger im Nazi-Outfit die martialische Kleiderordnung als Chiffren innerer Brutalität verstehen und auf dem Pausenhof und im Klassenzimmer rechte Sprüche klopfen und die Fäuste fliegen lassen. Ein Kleiderverbot indessen fördert nicht nur die peinliche Moral politischer Korrektheit, die sich gegen Gesinnungsuniformen jedweder Couleur verwenden ließe. Es signalisiert darüber hinaus den Offenbarungseid von Schulleitern und Lehrern, die gegen rechte Gewalt und rechtes Gedankengut keine Konzepte mehr zu haben glauben. Und wo nichts mehr geht, wird verboten statt zu bekämpfen.
Kommentar von ROLF LAUTENSCHLÄGER
Es gehört zur spezifisch pädagogischen Tradition in Deutschland, lieber zu stigmatisieren als zu erziehen. Autoritär sein, nicht Autorität haben, gehört zu den Sekundärtugenden von Teilen unserer Lehrerschaft und deren Verhältnis zur politisch-gesellschaftlichen Haute-Couture. Elvis-Hemden, Mao-Jacken, Miniröcke, Kopftücher oder Punk-Klamotten zählen zum Fundus auf der schwarzen Liste. Diese war aber weder taugliches Mittel zur Verhinderung, noch diente sie zur Auseinandersetzung mit jugendlichen Teilkulturen und der Aura des Verbotenen.
Wo jetzt Bomberjacken „verschrecken“, wie ein Schulleiter sagt, sitzt der Schock über die eigene Unfähigkeit wohl tiefer als der Anblick von rechtsextremen „Glatzen“ in Springerstiefeln. Oder hat der Mann keine Augen im Kopf und von Rechtsradikalismus und Neofaschismus nie etwas gehört?
Die Vorstellung, mit der Kluft auch die Gesinnung entsorgen zu können, ist nicht nur grob fahrlässig, sondern dumm. Genau genommen, spricht daraus der naive Glaube, dass Repression als pädagogisches Instrument wieder tauglich ist. Man ist geneigt zu fragen: wann sollen Bösewichter wieder in die Ecke, wann kommt der Rohrstock?
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