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Deutschland rastert aus

Heute beginnt eine bundesweite Rasterfahndung nach potenziellen Attentätern. Schily will noch mehr Rechte für die Sicherheitsbehörden. Drei Terrorverdächtige in Wiesbaden verhaftet

BERLIN taz ■ Die seit den Anschlägen in den USA laufende Suche nach mutmaßlichen islamistischen Terroristen in Deutschland wird bedeutend ausgeweitet. Heute beginnt bundesweit die so genannte Rasterfahndung, auf die sich Bund und Länder am Freitag geeinigt hatten. Per Computer sieben die Behörden systematisch zehntausende Datenbestände öffentlicher und privater Einrichtungen nach potenziellen Attentätern.

Innenminister Otto Schily (SPD) will darüber hinaus bis Mitte Oktober ein neues Sicherheitspaket für den Kampf gegen den internationalen Terrorismus vorlegen, das allen Sicherheitsbehörden Zugang zum Ausländerzentralregister ermöglicht. Die rot-grüne Bundesregierung dringt außerdem weiter auf eine Lockerung des Bankgeheimnisses. Nur so ließen sich die Finanzströme der Terroristen austrocknen, bekräftigte Bundeskanzler Schröder.

Wie am Wochenende bekannt wurde, haben die Behörden inzwischen Erkenntnisse, dass auch in Deutschland Terroranschläge geplant wurden. Generalbundesanwalt Kay Nehm ermittelt deshalb gegen drei Verdächtige, die in Wiesbaden verhaftet wurden. Die Polizei in Hamburg geht einem Hinweis nach, wonach eine „Gruppe von Arabern“ einen Anschlag auf das britische Konsulat geplant habe. Eine Verbindung zu den Hintermännern der Anschläge in den USA ließ sich in beiden Fällen nicht feststellen.

Die heute beginnende Rasterfahndung ermöglicht den Ermittlern den Zugriff auf Datenbestände öffentlicher und privater Stellen. Durch die Eingabe von ausgewählten Suchkriterien soll der Kreis potenzieller Verdachtspersonen eingeengt werden. Voraussetzung für die Anwendung der Rasterfahndung ist das Vorliegen einer „Straftat von erheblicher Bedeutung“.

Diese aus datenschutzrechtlichen Gründen umstrittene Fahndungsmethode wurde Mitte der 60er-Jahre vom Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden entwickelt und spielte vor allem bei der Bekämpfung der RAF in den 70ern eine Rolle. Damals setzten die Ermittler voraus, dass Terroristen nicht polizeilich gemeldet seien und ihre Stromrechnungen bar bezahlten. Die Daten der Einwohnermeldeämter wurden verglichen mit denen bar zahlender Stromkunden.

Diesmal wird es möglicherweise noch schwieriger: Nach den Anschlägen in den USA am 11. September war bekannt geworden, dass einige der Beteiligten als so genannte Schläfer völlig unauffällig an deutschen Universitäten studiert hatten.

Nach Informationen der taz suchen die Ermittler bei der Rasterfahndung deshalb nach männlichen Personen mit islamischer Religionszugehörigkeit aus insgesamt 15 Staaten, die legal in Deutschland leben, bisher nicht durch kriminelle Aktivitäten auffällig wurden und keine fundamentalistische Grundhaltung erkennen ließen. Um den Kreis einzuengen, wird speziell nach Studenten technischer Studienfächer gesucht, die mehrere Sprachen beherrschen, keine eigenen Kinder haben und finanziell unabhängig sind. Diese und weitere Kriterien werden mit den Daten von zahlreichen öffentlichen und privaten Einrichtungen verglichen – unter anderem mit denen von Einwohnermeldeämtern, Unis, aber auch Flughafengesellschaften, Sicherheitsdiensten und Versorgungsunternehmen. LKW

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