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Die erste Frau im rot-roten Senat

Im Koalitionsvertrag haben SPD und PDS den Bau eines Denkmals für Rosa Luxemburg vereinbart. PDS freut sich auf eine historische Rückschau, die nicht nur die Teilung umfasst. SPD betont die Bedeutung Luxemburgs für DDR-Bürgerrechtler

von UWE RADA

Rot plus Rot gleich Rosa. Die Koalition aus SPD und PDS, so steht es im Koalitionsvertrag beider Parteien, „will das geplante Denkmal für Rosa Luxemburg nach einem künstlerischen Wettbewerb auf dem gleichnamigen Platz in Mitte realisieren“. Damit hat die rot-rote Koalition noch vor ihrer Wahl am 17. Januar ihr erstes Geschichtssymbol geschaffen – und zugleich unterschiedliche Deutungen in der Erinnerung an Rosa Luxemburg an den Tag gelegt.

Zwar ist der Plan für ein Rosa-Luxemburg-Denkmal in Mitte nichts Neues. Das Bezirksamt hatte sich schon seit längerem dafür ausgesprochen, und auch Mittes Baustadträtin Dorothee Dubrau (Bündnisgrüne) hatte erst Ende Dezember im Zusammenhang mit der geplanten Umgestaltung des Rosa-Luxemburg-Platzes an die Notwendigkeit eines solchen Mahnmals erinnert. Neu ist allerdings, dass sich nun auch die SPD als Gesamtpartei für das Denkmal ausspricht. Bislang waren Sozialdemokraten wie Klaus-Uwe Benneter nur als Einzelpersonen im Zusammenhang mit der Initiative „Ein Zeichen für Rosa Luxemburg“ als Befürworter eines solchen Denkmals in Erscheinung gerteten.

„Mehr als achtzig Jahre nach ihrer Ermordung“, freut sich der immer wieder als möglicher Kultursenator gehandelte PDS-Politiker Thomas Flierl, „wird damit die Stadt Berlin erstmals und im öffentlichen Raum der Innenstadt an die Sozialdemokratin, Revolutionärin und Mitbegründerin der KPD erinnern.“ Für Flierl ist die Ehrung, die die Koalitionäre auf Antrag der PDS beschlossen haben, aber auch ein „wichtiger Lesehinweis für den Umgang mit der Präambel“. Schließlich verweise sie darauf, dass die historische Rückschau, die beide Parteien vornehmen, nicht nur die „Zeit der Spaltung und Teilung“ betreffe, „sondern auch andere Zeiten des 20. Jahrhunderts“.

Ist das Denkmal also ein Zugeständnis der SPD an eine PDS, von der in der Präambel zum Koalitionsvertrag erwartet wird, sich kritisch zur Zwangsvereinigung von KPD und SPD und zum Bau der Mauer zu äußern? Für den SPD-Kulturpolitiker Sven Vollrath gehören beide Dinge nicht zusammen. „Das Denkmal“, sagt er, „ist immer unabhängig von der Präambel diskutiert worden.“ Zwar habe die PDS tatsächlich den Vorschlag eingebracht. „Doch ein solches Denkmal war auch unsererseits nicht strittig“, so Vollrath. Schließlich gehöre das Erbe Rosa Luxemburgs nicht der PDS. Der SPD-Politiker erinnerte in diesem Zusammenhang auch an die Demonstrationen im Januar 1987 und 1988 in der DDR, bei dem Bürgerrechtler Transparente mit dem Luxemburg-Zitat „Die Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden“ mit sich geführt hatten.

Doch auch Flierl geht es nicht um ein Aufwiegen historischen Erinnerns. Er verweist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass ein 1974 von der SED-Führung auf dem Rosa-Luxemburg-Platz beschlossenes Denkmal nie realisiert worden sei. Deshalb könne „die Inanspruchnahme einer bestimmten Traditionslinie vor dem Hintegrund der mehrfach gebrochenen politischen Geschichte nicht bestimmendes Moment sein“. Vielmehr sollte „die gelebte Widersprüchlichkeit Luxemburgs“ die Begründung für das Denkmal liefern.

Zwar war bis Redaktionsschluss nicht bekannt, auf welchen genauen Präambeltext sich SPD und PDS geeinigt haben (siehe unten). Für die FAZ stand jedoch bereits fest, dass Rot-Rot mit dem „Senatsdenkmal“ für Luxemburg die Katze aus dem Sack gelassen hat. „Der alsbald regierende Wowereit-Gysi-Senat“, hieß es da, „will nun endlich Honeckers alten Plan verwirklichen.“

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