: Juristisch stopfen
■ Schill erwirkt Maulkorb für den NDR
Der NDR darf vorerst die in der Sendung „Panorama“ erhobenen Kokain-Vorwürfe gegen Ronald Schill nicht wiederholen. Gestern erwirkte der Innensenator beim Landgericht Hamburg eine Einstweilige Verfügung gegen den Sender – „der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung“, so das Gericht. Unter Androhung von 250.000 Euro Strafe darf der NDR vorerst nicht mehr den Zeugen zitieren oder zeigen, der gesehen haben will, wie Ronald Schill weißes Pulver auf sein Zahnfleisch gerieben hat.
Schill sieht mit dem Beschluss seine Auffassung bestätigt, „dass die Redaktion des Panorama Magazins in schlimmer Weise gegen ihre journalistische Sorgfaltspflicht verstoßen hat“. Tatsächlich ist eine Einstweilige Verfügung aber juristisch gerade keine Entscheidung darüber, welcher der Konfliktgegner Recht hat. Diese fällt erst im späteren so genannten Hauptsache-Verfahren. Der NDR ließ gestern nur mitteilen, er respektiere die Entscheidung des Gerichtes, werde sie aber prüfen und gegebenenfalls rechtliche Schritte dagegen einleiten.
Bereits am Tag nach der Ausstrahlung der Sendung hatte Schill angekündigt, er werde „den Dreckschleudern das Maul stopfen“. Dem schließt sich jetzt offenbar Bürgermeister Ole von Beust an: Nach Auskunft der Staatlichen Pressestelle hat der Innensenator sein Vorgehen gegen den NDR mit dem Bürgermeister „abgestimmt“.
Unterdessen hat der Hamburger Verfassungsrichter Jürgen Gundisch nach einem Bericht der Welt seinen Karlsruher Kollegen Wolfgang Hoffmann-Riem aufgefordert, sich bei Schill zu entschuldigen. Dieser hatte den Innensenator in einem Offenen Brief aufgefordert, zu den Kokain-Gerüchten Stellung zu nehmen. Heike Dierbach
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