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Auch Profs müssen sich an Regeln halten

Herzchirurg bleibt verurteilt: Wer Drittmittel von Medizinfirmen einwirbt, muss dies seiner Uni offenlegen

FREIBURG taz ■ Wenn Professoren Drittmittel einwerben und dies verschweigen, begehen sie ein Korruptionsdelikt. Dies hat jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt. Damit wurde die Revision des Heidelberger Herzchirurgs Siegfried Hagl abgelehnt, der einen Freispruch verlangt hatte. Hagl war im Vorjahr vom Heidelberger Landgericht zu einer Geldstrafe in Höhe von 200.000 Mark (102.260 Euro) verurteilt worden.

Als Direktor der Herzchirurgie am Heidelberger Universitätsklinikum war Hagl auch für die Beschaffung von Herzschrittmachern und Herzklappen zuständig. Dabei erhielt er zwischen 1990 und 1992 von dem Medizingeräte-Hersteller Medtronic 163.000 Mark (83.340 Euro).

In zwei wichtigen Details unterschied sich Hagls Fall jedoch vom großen Herzklappen-Skandal Mitte der 90er-Jahre, in den auch die Firma Medtronic verwickelt war. Damals hatten die bestochenen Ärzte zu Wucherpreisen eingekauft, während die Heidelberger Herzschrittmacher nicht überteuert waren. Außerdem hat Hagl sich nicht persönlich bereichert, sondern das Geld nachweislich nur für Forschungszwecke verwendet.

Verurteilt wurde Hagl dennoch. Denn statt die Medtronic-Zahlungen an die Universität abzuliefern, hatte er sie in einem eigens gegründeten Verein „Freunde und Förderer der Herzchirurgie“ verwaltet. Dies wertete das Landgericht als „Untreue“. Außerdem wurde Hagl wegen „Vorteilsannahme“ bestraft, denn der Mediziner hätte für die Beschaffung der Herzschrittmacher kein Geld annehmen dürfen. Damit sei das öffentliche Vertrauen in die sachgerechte Verwaltung der Universität beeinträchtigt worden. Hagl hatte die Vereinsgründung damit rechtfertigt, dass die Drittmittelverwaltung der Universität „sehr ineffizient“ gewesen sei. Obwohl es ihm versprochen worden sei, hätte er keine zusätzlichen Forschungsmittel aus dem Unitopf bekommen.

Der BGH bestätigte nun das Urteil des Landgerichts, soweit es die „Vorteilsnahme“ betrifft. Dass er seine Arbeits- und Forschungsbedingungen verbessern konnte, sei für Hagl ein persönlicher Vorteil gewesen. Zwar gehöre es zu den Aufgaben von Professoren, nichtstaatliche Forschungsgelder einzuwerben. Allerdings hätten die Professoren bei dieser Beschaffung von „Drittmitteln“ nicht völlig freie Hand. So dürfe keine „Drittmittel-Schattenwirtschaft“ entstehen, erklärte der Vorsitzende Richter Gerhard Schäfer. Vielmehr müssten die Forschungsgelder im Einklang mit dem Hochschulrecht eingeworben werden, was – so Schäfer – durchaus „flexible Lösungen“ ermögliche. Unverzichtbar sei aber, dass der Geldfluss gegenüber der Uni-Verwaltung offengelegt werde – was Hagl unterlassen hat.

Einen Teilerfolg erzielte Hagl immerhin. Die Verurteilung wegen Untreue wird aufgehoben, da die Mittel letztlich doch der Universität zugekommen seien. Schließlich habe der Chirurg das Geld ausschließlich für die Forschung verwendet. Dass die Uni das Geld möglicherweise zu anderen Zwecken verwendet hätte, spiele hier keine Rolle. Deshalb muss nun auch das Landgericht Heidelberg noch einmal über den Fall entscheiden.

Der BGH legte dabei sogar nahe, dass man das Verfahren auch „wegen Geringfügigkeit“ einstellen könnte. Denn Hagls Eigenmächtigkeit habe letztlich auch der Universität „erhebliche Vorteile“ gebracht. (Az.: 1 StR 372/01)

CHRISTIAN RATH

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