: Was essen wir?
Ökomanager diskutieren von 13 bis 15 Uhr über den Nitrofenskandal und die versprochene Agrarwende
„Kühe brauchen Wasser, Rüben, Gras und Getreide – sonst nichts.“ Ein hübscher Satz, den Verbraucherministerin Renate Künast vor einem Jahr in einer Regierungserklärung sagte. Die Sätze ihrer gestrigen Regierungserklärung waren weniger hübsch. „Wer versagt hat, muss zur Verantwortung gezogen werden“, sagte Künast in der Bundestagsdebatte zum Nitrofenskandal. Für die Oppossition ist klar: Die Ministerin selbst ist schuld.
„Wen wollen wir schlachten?“, fragte die taz auf ihrem Kongress vor Jahresfrist. Künast, die damals auf dem Podium saß, beantwortete die Frage im übertragenen Sinne: „Ich will die alten Ideen schlachten, wie mit Tieren und Umwelt umgegangen wird.“ Ein Jahr später sind es Hinterlassenschaften der alten Agrarphilosophie, die die Verbraucher eingeholt haben. Notwendigerweise fragt die taz deshalb: „Was können wir noch essen?“
Seitdem Renate Künast am 5. September das Biosiegel vorgelegt hat, wurden etwa 6.000 Produkte zertifiziert. Durchschnittlich kommen jeden Tag 23 neue dazu. Für die Ministerin ein deutlicher Beleg, dass die Agrarwende eingeleitet ist. Was aber, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher das Vertrauen in das Siegel verlieren?
Für Renate Künast stehen die Eckpfeiler des Verbraucherschutzes fest: Transparenz, Vorsorge, Kontrolle und Eigenverantwortung. Der Nitrofenskandal kommt einem Erdbeben der Stärke 9 gleich: Gleich alle vier Pfeiler sind eingestürzt, eine ganze Branche gerät in Verruf. Noch sind die Folgen nicht absehbar, das Aussmaß unklar. Aber diskutieren lässt sich schon: Wie weiter mit der Biolandwirtschaft? Lutz Kluckert wird das tun. Der Geschäftsführer von eoKomma, dem größten Biosupermarkt in Berlin, weiß am besten einzuschätzen, welche Eruptionen der Skandal bei seinen Kunden hervorgerufen hat. Er diskutiert mit Michael Wimmer, dem Geschäftsführer der Fördergemeinschaft ökologischer Anbau, und Jörg Gerke. Der Ökobauer aus Mecklenburg-Vorpommern betreibt biologische Landwirtschaft nicht nur mit den Händen, sondern auch mit dem Kopf: Als Privatdozent lehrt er an der Universität Göttingen im Fach Landbau. NICK REIMER
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