: Auf der Agenda: Strafzölle und Agrarsubventionen
Im Streit mit der EU um europäische Stahlexporte lenkt die US-Regierung ein. Fast 50 Ausnahmen hat die Administration inzwischen angekündigt
BRÜSSEL taz ■ Die Daumenschrauben bleiben vorerst noch in der Schublade. Rechtzeitig vor dem G-8-Treffen in der kanadischen Wildnis hat der Handelskommissar der Europäischen Union, Pascal Lamy, das amerikanische Kompromissangebot im Stahlstreit akzeptiert. Vorläufig jedenfalls.
In einer Rede vor dem European American Business Council in Washington sagte der Franzose, die Europäische Union werde vorerst keine Strafzölle auf amerikanische Waren erheben. Gegenüber dem US-Handelsbeauftragen Robert Zoellick betonte er aber, die Pläne könnten jeder Zeit aktiviert werden. Man werde beobachten, ob die US-Regierung wie zugesagt europäische Stahlprodukte zollfrei ins Land lasse.
Fast fünfzig Ausnahmen kündigte die US-Verwaltung inzwischen an. 400 weitere Anträge sollen bis Anfang Juli entschieden sein. Die amerikanische Kompromissbereitschaft ist nicht nur wegen der angedrohten europäischen Gegenmaßnahmen gestiegen. Mehrere Stahl verarbeitende Unternehmen haben festgestellt, dass die Rohprodukte aus Europa ausbleiben. Mitte Juli will die EU prüfen, ob von den Einfuhrzöllen von bis zu 30 Prozent europäische Stahlhersteller tatsächlich ausgenommen sind.
Die Klage vor der Welthandelsorganisation in Genf will die EU aber aufrechterhalten. Anfang Juni beschloss die Welthandelsorganisation WTO auf Antrag der EU-Kommission, einen entsprechenden Untersuchungsausschuss einzusetzen. Mitte Juni wurde sein Auftrag auf ähnliche Klagen Japans und Südkoreas ausgeweitet. Mit einem Schiedsspruch wird Ende nächsten Jahres gerechnet. Vorausgegangen waren zweimonatige Schlichtungsverhandlungen in Genf, bei denen keine Einigung zustande kam.
Für weiteren Zündstoff wird beim G-8-Gipfel das Thema Agrarsubventionen sorgen. Am 10. Juli stellt Agrarkommissar Franz Fischler seine Reformpläne vor, die unter anderem darauf abzielen, dass die EU-Landwirtschaftsförderung nicht länger im Widerspruch zu den WTO-Regeln steht. Fischler plant, Beihilfen für Bauern künftig pauschal zu zahlen, unabhängig von Anbaufläche und Herdengröße. Statt Produktivität soll Nahrungsqualität und Umweltverträglichkeit gefördert werden. Derartige Subventionen, so glauben Experten, stünden mit den Grundsätzen freien Handels in Einklang.
Die USA dagegen haben Mitte Mai die Subventionen für Bauern um 70 Prozent erhöht. Sinken die Weltmarktpreise, zahlt die Regierung den Bauern den Differenzbetrag. Die Betriebe werden dadurch angeregt, möglichst viel zu produzieren – ganz egal, was auf dem Weltmarkt wirklich nachgefragt wird. In der EU wird diese Form der Förderung stufenweise zurückgefahren, da sie zu Wettbewerbsverzerrungen führt und mit den WTO-Regeln nicht vereinbar ist.
Ärmere Agrarexportländer sind von den US-Plänen besonders hart betroffen, da sie zur Folge haben, dass die Nahrungsmittelpreise weiter sinken. Bundeskanzler Schröder appellierte an den Gastgeber des Gipfels, sich dafür einzusetzen, dass staatliche Produktionsbeihilfen weltweit abgebaut werden. Schröder stellte Kanada ein Freihandelsabkommen mit der EU in Aussicht.
DANIELA WEINGÄRTNER
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