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DEN INNENMINISTERN SIND IHRE SPITZEL WICHTIGER ALS DER NPD-PROZESSStilles Ende eines Parteiverbots

Was soll Karlsruhe bloß damit anfangen? Die Innenminister von Bund und Ländern werden für das NPD-Verbotsverfahren keine weiteren V-Leute offenbaren, nur eine ausführliche Begründung hierfür wollen sie noch liefern.

Das Verfahren wird so kein bisschen weitergebracht. Denn der Verdacht bleibt, dass Gewalttaten und extremistische Äußerungen der Partei nur bedingt zuzurechnen sind, weil diese mit staatlich bezahlten V-Leuten durchsetzt ist. Selbst wenn sich das Bundesverfassungsgericht nur auf offizielle Äußerungen der NPD stützen würde, wäre nichts gewonnen. Vielleicht wurde ja auch das Parteiprogramm mit staatlicher Hilfe geschrieben. Nichts liegt näher, als jetzt die Verbotsanträge zurückzuziehen. Wenn den Innenministern die Arbeitsfähigkeit ihrer Spitzelapparate wichtiger ist als ein NPD-Verbot, dann sollten sie auch die Konsequenzen daraus ziehen. Doch zumindest jetzt, mitten im Wahlkampf, findet dazu niemand den Mut. Vielleicht hoffen die Minister auch, dass Karlsruhe am Ende die NPD einfach doch verbieten wird – zum Beispiel, um Irritationen im Ausland zu vermeiden. Das aber wäre mehr als naiv. Schließlich hat das Gericht die Latte für ein rechtsstaatliches Verfahren selbst hoch gelegt.

Die Richter können ihre eigenen Maßstäbe nicht ignorieren, nur um der Politik Peinlichkeiten zu ersparen. Immer wieder wird nun vorgeschlagen, man möge den Richtern alle notwendigen Informationen geben, diese aber vor der NPD und der Öffentlichkeit geheim halten. Doch auch solche Kompromisse sind für das Gericht inakzeptabel. In einem durch Geheimdienstverwicklungen belasteten Verfahren machte es einen schlechten Eindruck, wenn sich die Verfassungsrichter auf verdeckte Informationen einließen. Schließlich hat nur die mutige Verschiebung der für Februar geplanten mündlichen Verhandlung das Vertrauen in ein faires Prozedere gesichert. Vermutlich wird Karlsruhe das Verfahren irgendwann im nächsten Jahr einstellen. Dann siegt nicht nur die NPD, sondern auch das Verfassungsgericht, das sich nicht irre machen ließ. CHRISTIAN RATH

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