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„Ich bin enttäuscht“

Michael Müller, Fraktionsvorsitzender der SPD, bedauert den frühen Abgang von Gregor Gysi. Aber jeder Polititker sei ersetzbar. Deshalb sei die Regierungsfähigkeit der PDS nicht in Frage gestellt

Interview ROLF LAUTENSCHLÄGER

taz: Herr Müller, ist nach dem Rücktritt von Gregor Gysi die Koalition in einer Krise?

Michael Müller: Nein. Es ist zwar eine schwierige Situation für die Koalition. Aber wir haben eine stabile Mehrheit im Parlament. Und eine Regierungskrise gibt es auch nicht.

Stärkt der Rücktritt der politischen Figur Gysi die Rolle der SPD in der rot-roten Koalition und in der Stadt?

Mit Sicherheit haben wir jetzt eine noch größere Verantwortung. Denn Gregor Gysi hat innerparteilich bei der PDS eine wichtige Rolle gespielt.

Das klingt so, als bedauere die SPD nicht ganz den Gysi-Rücktritt.

Doch. Ich bedauere seinen Weggang, weil wir im letzten halben Jahr gut und vertrauensvoll zusammengearbeitet haben. Ich bin zugleich auch enttäuscht. Denn wir sind davon ausgegangen, dass zur Lösung der schwierigen Aufgaben in Berlin, eine langfristige Zusammenarbeit nötig ist.

Ist damit nicht auch das Berliner Modell Rot-Rot nachhaltig beschädigt?

Ich denke, man kann das Berliner Modell nicht allein an Gregor Gysi festmachen. Natürlich war er ein wichtiger Bestandteil dieser Koalition. Aber jeder Politiker ist ersetzbar. Für die SPD geht es in der Koalition darum, an den inhaltlichen Schwerpunkten weiterzuarbeiten – auch ohne ihn.

Ist die PDS nach dem „Fall Gysi“ ein unsicherer, vielleicht problematischer Kantonist für eine stabile Regierung ?

Das letzte Jahr hat etwas anderes gezeigt. Die SPD hat sowohl auf der Ebene der Regierung als auch in der Fraktion und Partei vertrauensvoll mit der PDS zusammenwirken können. Diese einzelne Personalentscheidung bedeutet nicht die Infragestellung der PDS-Regierungsfähigkeit.

Wird die SPD eine Kabinettsumbildung fordern?

Warum denn? Aus gutem Grund hat sich die PDS für das Wirtschaftsressort entschieden und wir uns für andere Ressorts. Ich gehe davon aus, dass die PDS bei diesem Ressortwunsch bleibt.

Gysi gilt als Kommunikator zwischen Ost- und Westberlin. Fürchtet die SPD nun eine erneute Spaltung der Stadt?

Nein. Wir haben unsere Politik für das Zusammenwachsen der Stadt unabhängig von Gysi gemacht. Die SPD ist als einzige Partei in Berlin in beiden Stadthälften gleichermaßen stark vertreten. Und wir werden den Kurs auch weiter verfolgen.

Wie sieht Ihr Personalwunsch für das Wirtschaftsressort aus?

Der Personalvorschlag bleibt bei der PDS. Wir werden ihn dann üblicher Weise auch bewerten. Es muss mit Sicherheit eine qualitativ gute Lösung sein. Denn der Wirtschaftsbereich ist einer der wichtigsten und sensibelsten für die Stadt, da es um Arbeitsplätze und Investitionen geht. Da darf es keine drittklassige Lösung geben.

Nachgefragt: Sehen Sie innerhalb des Berliner PDS-Personals überhaupt jemanden, der die Rolle ausfüllen kann. Oder muss eine externe Lösung her?

Das ist eine Debatte, die die PDS intern zu klären hat und nicht ich.

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