: Motze für Motschmann
Sport- und Spielplätze in Bremen-Nord sollen bebaut werden, um den „Science Park“ zu finanzieren. Eine Bürgerinitiative präsentiert 2.400 Unterschriften, fordert Neuverhandlungen – und ist verdammt sauer auf die zuständige Sport-Staatsrätin
Nein, auf ein „privates Gespräch“, wie von Elisabeth Motschmann (CDU) zunächst vorgeschlagen, wollten sich die Vegesacker Beiratsspitzen nicht einlassen. Öffentlich, so verlangten sie, sollte die Sport-Staatsrätin erklären, warum entgegen dem ausdrücklichen Votum des gesamten Ortsparlaments nicht nur die Sport-, Spiel- und Freiflächen auf dem Oeversberg, sondern auch an zwei weiteren Standorten in Bremen-Nord zum Baugebiet werden sollen.
Mit den Verkaufserlösen will der Senat den „Science Park“ der International University Bremen (IUB) auf dem Oeversberg finanzieren. Motschmann kam zur Beiratssitzung – und bezog verbale Prügel der versammelten Anwohnerschaft.
Insbesondere die geplante Bebauung der Spiel- und Sport-Anlage „Fährer Flur“ lässt die Wogen hochgehen. Das als Freizeitfläche genutzte Grün „soll ein öffentlicher Platz bleiben“, forderte ein Anwohner im überfüllten Ortsamt-Saal. „Wussten Sie überhaupt, dass diese Sportplätze auch von vier Schulen genutzt werden?“, will eine Frau wissen. Und, als Anspielung auf die Sportanlagen, die der Senat an der Herrmann-Fortmann-Straße bauen will: „Würden Sie ihre Kinder an eine Hauptverkehrsstraße schicken?“ Motschmann blieb die Antwort schuldig.
Stattdessen ging sie in die Offensive: Die Bebauung der Freifläche sei der Beitrag, den das Sportressort für den „Science Park“ der IUB leiste. Die Ansiedlung der Privat-Uni sei schließlich ein „Glücksfall“ für Bremen-Nord. „Das merken wir“, höhnt es aus dem Saal zurück: „Ohne die IUB und den Science Park hätte die Fährer Flur doch überhaupt keine Probleme.“
2.400 Unterschriften für den Erhalt der Sportanlagen haben die BürgerInnen in den letzten Wochen gesammelt, demnächst sollen sie bei Sportsenator Kuno Böse (CDU) auf dem Tisch landen. Seine Staatsrätin baute schon mal vor: „Es ist der gemeinsame Wille der großen Koalition gewesen, die IUB und den Science Park auf dem Oeversberg anzusiedeln. Bringen Sie ihre Unterschriften also nicht nur zum Sportressort.“
Mit heftiger Kritik sah sich auch Ortsamtsleiter Reiner Kammeyer (SPD) konfrontiert. Der hatte am 10. September mit Motschmann und Sportamtsleiter Reinhard Hoffmann über den Verkauf der Fährer Flur verhandelt. SPD und CDU werfen ihm vor, dabei „hinter dem Rücken des Beirats Fakten geschaffen“ zu haben. Als Beweis führen die Beiräte einen Brief Hoffmanns an. Darin schreibt der Sportamtsleiter, er sei bei dem Treffen davon ausgegangen, „dass diese Entscheidung eines Teilverkaufs der Sportanlage Fährer Flur im Bereich der Ortspolitik geteilt wird“ und „abgesprochen“ sei.
Mehr noch: Während der Senat den mit Kammeyer ausgehandelten Sportplatz-Deal absegnete, glänzte der Ortsamtsleiter damals auf der Beiratssitzung durch Abwesenheit: Er eröffnete lieber gleichzeitig eine Ausstellung.
Den „Science Park“, wie von den Anwohnern gefordert, im Norden der IUB zu errichten, hält Motschmann indes für unpraktikabel. Das Gelände südlich der Bahnlinie käme allenfalls als Zusatz-Fläche in Betracht, der Standort Oeversberg sei zudem mit der IUB vertraglich festgelegt worden. Ob diese unter Umständen auch einer Vertragsänderung zustimmen würde, weiß das Wirtschaftsressort nicht. IUB-Vize Alexander Ziegler-Jöns bestätigte auf Anfrage: „Vom Senat wurde uns so eine Frage noch nicht gestellt.“ Armin Simon
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