Energieappell ans Verbrauchergewissen

Mit der Initiative EnergieEffizienz sollen jährlich 2,3 Millionen Tonnen Kohlendioxid eingespart werden

„Meinen ersten hab ich einfach laufen lassen. Das hab ich teuer bezahlt“

BERLIN taz ■ Reichskanzler Bismarck sagte einmal: Nichts ist geeigneter, die Verschmelzung der widerstrebenden Elemente zu fördern, als gemeinsame Arbeit.

Werner Brinker, der oberste Lobbyist der deutschen Stromwirtschaft, zitierte Bismarck gestern: Bundesregierung, die Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), Stromkonzerne und der Handel starteten gestern in Berlin die „Initiative EnergieEffizienz“.

Ziel der Initiative ist, den jährlichen Ausstoß von Kohlendioxid um rund 2,3 Millionen Tonnen jährlich in Deutschland zu senken.

„Es geht uns um den Endkunden“, sagte Alfred Tacke (SPD), Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt hat ermittelt, dass allein der Bereitschaftsbetrieb von Fernsehern und Computern jährlich rund drei Milliarden Euro kostet. Rein statistisch zahlt jeder deutsche Haushalt demnach 65 Euro. „In Deutschland ist eine Entkopplung von Energieverbrauch und Wirtschaftswachstum inzwischen gelungen“, erklärte Tacke. Damit Deutschland seine Klimaziele schafft, müsse nun beim Verbraucher Kohlendioxid gespart werden. Dies wollen die Initiatoren mit Aufklärung erreichen. „Meinen ersten hab ich einfach laufen lassen“, heißt es auf der Anzeige, die ab 4. November in deutschen Zeitschriften geschaltet wird. Das nette Frauengesicht (natürlich!) sagt dann: „Das hab ich teuer bezahlt.“ Und: „Inzwischen bin ich klüger.“

Gemeint ist der Fernseher. Insgesamt 13 Millionen Euro werden in solche Sprüche investiert, 8 Millionen kommen aus der Stromwirtschaft selbst, jeweils 2,5 Millionen stellen das Bundeswirtschaftsministerium und die Deutschen Bundesstiftung Umwelt zur Verfügung.

Werbung, Pressearbeit und Händler-Marketing – bis Ende 2004 läuft die Kampagne „auf allen Medienkanälen“, wie Stephan Kohler, Geschäftsführer der Deutschen Energie Agentur (Dena) erklärt. Mit drei Schwerpunkten: die Reduktion des Stromverbrauchs im Stand-by-Betrieb vom Fernseher bis zum Computer, die verbesserte Energieeffizienz bei Haushaltsgeräten und bei der Beleuchtung.

Wichtig sei, so Stephan Kohler, dass Hersteller und Händler mit im Boot sind. Seit Anfang des Jahres ist nämlich das Energieverbrauchskennzeichnungsgesetz in Kraft, mit dem die Käufer Informationen über die Effizienz des Produkts haben.

Tacke kündigte an, dass demnächst eine freiwillige Kennzeichnung von Bürogeräten folgen wird.

Um zu Bismarck zurückzukommen: Werner Brinker, Chef des Verbandes der Elektrizitätswirtschaft (VDEW), ließ erkennen, warum die Stromkonzerne bei der Kampagne mitmachen. „Keine weiteren Belastungen der Stromwirtschaft durch die rot-grüne Regierung“, forderte Brinker. Weniger Staat, mehr Markt – auch bei den erneuerbaren Energien! Kohler will da lieber bei seiner Kampagne bleiben: „Dem Verbraucher soll auf intelligente Weise gezeigt werden, dass ohne großen Aufwand mehr Stromeffizienz möglich ist.“ Die kampagneneigene PR jedenfalls liest sich so: „Am Ende des gelungenen Kampagnenauftakts mit gemeinsamer Enthüllung des Logos der Initiative EnergieEffizienz und Präsentation der humorvollen Werbelinie blieb der Wunsch, dass die Verbraucher selbst Spaß am Thema Energieeffizienz finden.“ NICK REIMER

www.initiative-energieeffizienz.de