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Szenen aus dem europäischen Dreieck

Zwischen Paris und Berlin läuft es gut, doch auch London solle nicht außen vor bleiben, meinen die Vizeeuropaminister

PARIS taz ■ Zwischen den Regierungen in London und Paris haben sich die Wogen noch immer nicht geglättet. Nachdem Jacques Chirac und Tony Blair auf dem letzten EU-Gipfel in Brüssel aneinander geraten sind und Frankreichs Staatspräsident im Zorn ankündigte, das nächste franko-britische Spitzentreffen sei „gestrichen“, haben die beiden Regierungen immer noch keinen neuen Termin gefunden. Nur die Ankündigung: Das Treffen werde „Anfang 2003“ stattfinden. Und die Versicherung: Es gebe keinen Streit.

Zwischen Berlin und Paris hingegen herrscht Sonnenschein, wie schon seit Jahren nicht mehr. Das versicherten gestern in Paris auch die beiden Vizeeuropaminister, Noëlle Lenoir und Hans-Martin Bury, nachdem sie sich in einem einstündigen Gespräch erstmals begegnet sind. Die Französin und der Deutsche wollen künftig ihre Treffen intensivieren und auch die Zusammenarbeit mit den anderen Europaministern in der EU intensivieren. Sie sind auch mit der Vorbereitung eines deutsch-französischen Geburtstages befasst. Im Januar organisieren sie gleich zwei Festakte, um das 40-jährige Bestehen der von Adenauer und de Gaulle verfassten Élysée-Verträge zu feiern: einen in Berlin und einen in Paris.

Schon auf der obersten politischen Ebene haben vor wenigen Tagen Bundeskanzler Schröder und Staatspräsident Chirac vorgeführt, dass augenblicklich die deutsch-französische Achse funktioniert. Im Alleingang legten die beiden beim EU-Gipfel in Brüssel eine Lösung zur Fortsetzung der EU-Agrarsubventionen vor. Damit retteten sie den Gipfel, doch stießen sie Tony Blair vor den Kopf.

Der Brite rächte sich, so gut er konnte. Vor mehreren Staats- und Regierungschefs belehrte er Schröder und Chirac, dass ihre Lösung die EU-Steuerzahler und die Bauern in der Dritten Welt teuer zu stehen komme. Der französische Staatspräsident reagierte umgehend. So habe „noch niemand“ mit ihm gesprochen, konterte er. Und: Blair sei „schlecht erzogen“. Dann kündigte Chirac die Verschiebung des nächsten franko-britischen Treffens an.

Wenig später zeigte sich, dass Schröder und Chirac keineswegs dasselbe meinten, als sie sich auf die Fortsetzung der EU-Agrarsubventionen einigten. Chirac versteht die Einigung so, dass ab dem Jahr 2007 rund 45 Milliarden Euro jährlich an die EU-Bauern ausgeschüttet werden. Schröder hingegen rechnet mit nur 39 Milliarden. Über die kleine Differenz von 6 Milliarden Euro, die Schröder nicht zahlen, aber Chirac haben will, laufen gegenwärtig Verhandlungen hinter den Kulissen.

Der Zwischenfall und seine Folgen zeigt jedoch, dass sowohl Berlin als auch Paris aufgehört haben, die jeweils andere Seite mit London zu provozieren. Noch vor wenigen Jahren sprach ein sozialdemokratischer Premierminister in Paris von der Notwendigkeit eines Dreiecks im Herzen von Europa. Damals brüskierte der deutsche Bundeskanzler Paris gerade mit einem programmatischen Alleingang mit London.

Gestern, bei ihrer allerersten gemeinsamen Pressekonferenz, versuchten der deutsche und die französische VizeministerIn erste versöhnliche Signale über den Kanal zu schicken. Beide erzählten von dem Anruf ihres frisch ernannten Londoner Kollegen Denis McShane. Und beide kündigten an, dass sie das „Netzwerk“ zwischen allen Europaministern intensivieren werden. Gastgeberin Lenoir fügte hinzu, dass Europa eben eine „große Familie“ sei. Mit allem, was dazugehöre. Inklusive gelegentlichen Problemen. DOROTHEA HAHN

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