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Stölzl bangt um sein Mandat

Standen bei der Abgeordnetenhauswahl in Steglitz-Zehlendorf die richtigen Kandidaten auf der CDU-Liste? Über die Frage verhandelt heute das Landesverfassungsgericht. An seiner Entscheidung hängt der Sitz des CDU-Chefs

Die Querelen im größten CDU-Kreisverband beschäftigen öfter Gerichte

Wenn es heute dumm für die CDU läuft, verliert ihr Landeschef Christoph Stölzl seinen Parlamentssitz und das Abgeordnetenhaus kann sich einen neuen Vizepräsidenten suchen. „Da werden wir zur absoluten Lachnummer“, heißt es in der Union.

Denn heute verhandelt der Verfassungsgerichtshof des Landes darüber, ob bei der Berliner Wahl im Oktober 2001 im Bezirk Steglitz-Zehlendorf die richtigen CDU-Kandidaten zur Wahl standen. Zwei ehemalige Abgeordnete, die sich ausgebootet fühlen, bestreiten genau das und fechten die Gültigkeit der Wahl an. Möglich sind Neuwahlen im Bezirk oder im ganzen Land – oder eben, dass das Gericht die fünf CDU-Mandate im Bezirk schlicht streicht.

Hintergrund sind langjährige Querelen im größten Berliner Kreisverband der Union, vor allem im Ortsverband Dahlem. Nicht nur Schiedstellen der Union, auch ordentliche Gerichte befassten sich mit dem parteiinternen Zwist. Insofern ist der aktuelle Fall nur ein weiteres Verfahren, jedoch das mit möglicherweise weitreichendsten Konsequenzen.

Die Kläger, die Exparlamentarier Marcus Mierendorff und Ulrich Manske, waren von einem Kreisparteitag in Steglitz-Zehlendorf zu Kandidaten für die Abgeordnetenhauswahl gewählt worden. Ein Gericht erklärte diesen Parteitag jedoch für ungültig, ein zweiter nominierte sie nicht.

Mitglied des zerstrittenen Kreisverbands ist seit seinem Parteieintritt Anfang 2001 auch der jetzige Landeschef Stölzl. Als das Gerangel dort fast dazu führte, dass der Kreisverband seinen Bundestagskandidaten Uwe Lehmann-Brauns kippte, fiel das auch dem Landesvorsitzenden auf die Füße. Und die Misere hatte auch Konsequenzen bei der Wahl im September: Damals unterlag Uwe Lehmann-Brauns als CDU-Bewerber zum zweiten Mal nach 1998 gegen die SPD-Konkurrenz.

Stölzl mag trotz allem nicht glauben, dass er und die weiteren vier CDU-Abgeordneten des Bezirks in ein paar Tagen ohne Mandat sein könnten: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Verfassungsgericht zehntausende Wählerstimmen einfach in den Papierkorb wirft“, sagte er der taz. Er und Generalsekretärin Verena Butalikakis hatten bis zum Wochenende vergeblich versucht, die Kläger zum Rückzug zu bewegen.

Butalikakis wies die Vermutung weit zurück, die Klage sei inszeniert, um durch die Hintertür Neuwahlen zu erzwingen und die für die CDU günstige Stimmungslage auszunutzen. In einer jüngsten Meinungsumfrage kommt die CDU, die 2001 auf desaströse 23,7 Prozent abrutschte, auf 31 Prozent und liegt vor der SPD mit 28 Prozent.

Für Neuwahlen gibt es ein Vorbild aus Hamburg. Dort sah das Verfassungsgericht bei der CDU Verstöße gegen das grundgesetzliche verankerte Gebot zur innerparteilichen Demokratie und annullierte die Bürgerschaftswahl von 1991. Bei der folgenden Neuwahl verlor die Union fast ein Viertel ihrer Sitze im Landesparlament. STEFAN ALBERTI

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