votum für schloss: Der Sieg der Mutlosen
Größer könnte der Kontrast nicht sein. Auf der einen Seite der Bundestag, der sich gestern mit der Mehrheit von CDU, FDP und Teilen der SPD für einen Wiederaufbau der barocken Schlossfassade in Berlin aussprach. Auf der anderen der Weltkongress der Architektur, bei dem im Juli in ebendieser Stadt 10.000 Architekten nach neuen Lösungen für die Probleme der Zukunft suchen.
Kommentarvon UWE RADA
Hier also der Mut, sich neuen Fragen zu stellen und die Herausforderungen der Zeit anzunehmen. Dort das genaue Gegenteil: weggucken, wegducken, also Flucht in die Vergangenheit.
Mit dem Votum für das Schloss setzt sich nun auch architektonisch eine Geisteshaltung durch, die Berlin über Jahre hinweg hat zum Schlusslicht werden lassen. Statt sich nach dem Fall der Mauer, der Wiedervereinigung und im Vorfeld der Osterweiterung der Europäischen Union der neuen Situation als Ost-West-Stadt zu stellen, orientierte man sich lieber an den großen Metropolen und träumte ansonsten vor sich hin.
Und nun, da sich allenthalben abzeichnet, dass es keine große, sondern allenfalls eine harte Zukunft für die Stadt gibt, träumt man sich eben zurück. Als ob nun plötzlich das Wünschen wieder hülfe.
Dass nun aber auch die Mehrheit des Bundestages diese Geisteshaltung angenommen hat, zeichnet ein Bild der „Berliner Republik“, das mutloser nicht sein könnte. Von Aufbruch jedenfalls keine Spur. Mit der Schlossentscheidung ist die deutsche Provinz endgültig in ihrer Hauptstadt angekommen.
Mit dem Scheitern seiner Finanzierung könnte sie aber bald schon wieder in der Wirklichkeit landen.
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