„Trostfrauen“-Mahnmal sorgt für Streit: Was Tokio gar nicht gefällt

Das Denkmal für koreanische „Trostfrauen“ in Moabit kann mindestens bis 2024 stehen bleiben. Der Bezirk will sie mit einem Wettbewerb verstetigen.

Eine junge Fraus als Skulptur: das „Trostfrauen“-Mahnmal in Berlin-Moabit (ein Ausschnitt)

Immer wieder Anlass für Diskussionen: das „Trostfrauen“-Mahnmal in Berlin-Moabit (ein Ausschnitt) Foto: Jürgen Ritter/imago

BERLIN taz | Das Mädchen aus Bronze in einem traditionellen koreanischen Kleid sitzt auf einem Stuhl, die Hände zur Faust geballt. Auf ihrer Schulter ist ein Vögelchen zu sehen. Der Stuhl neben der Figur ist leer. Die Statue steht an der Kreuzung Birken-/Bremerstraße in Moabit und erinnert an die zumeist koreanischen „Trostfrauen“, die im Zweiten Weltkrieg japanischen Soldaten als Zwangsprostituierte zu Diensten sein mussten.

Seit der Berliner Korea Verband im Herbst 2020 die aus privaten Geldern finanzierte Statue mit behördlicher Genehmigung aufstellen ließ, verlangt die Regierung in Tokio ihre Entfernung. Und Tokio gibt nicht auf. Die Statue stehen zu lassen, wäre „eine einseitige Entscheidung, die den bisher von uns mit großem Engagement erläuterten Standpunkt Japans unberücksichtigt ließe. Dies halten wir für inakzeptabel“, sagte der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der japanischen Botschaft Yasuhiro Kitaura der Deutsche Presse-Agentur. Und dass seine Regierung „unverändert die umgehende Entfernung der Statue“ fordere.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wurde auf seiner Fernostreise im April 2022 von seinem japanischen Amtskollegen Fumio Kishida mit dieser Forderung konfrontiert. Japanische Medien berichteten, Scholz hätte gesagt, dass das keine Entscheidung der Bundesregierung, sondern des Bezirksamtes Mitte sei.

Auch bei der Berliner Senatskanzlei gingen Schreiben von japanischer Seite mit der Forderung ein, die Statue zu entfernen und sich gegenüber dem Bezirk Mitte für die japanische Position zu verwenden, zuletzt im November.

Öffentlicher Kunstwettbewerb

Der Bezirk Mitte hingegen hat im November 2022 die Genehmigung für die Trostfrauenstatue, auch Friedensstatue genannt, auf Antrag der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) bis Herbst 2024, also um weitere zwei Jahre, verlängert. Die unbefristete Genehmigung eines Denkmals im öffentlichen Raum ist nur möglich, wenn dieses Ergebnis eines öffentlichen Kunstwettbewerbes war. Das ist bei der Trostfrauenstatue nicht der Fall. Der Bezirk will das aber auf den Weg bringen.

Bezirkssprecherin Laura Sander spricht gegenüber der taz allerdings von Finanzierungsproblemen. Da Land und Bund dafür bislang keine Unterstützung zugesagt hätten, suche man eine Finanzierungsquelle für eine „kleinere, bezirkliche Lösung“.

Es soll einen Kunstwettbewerb geben für eine „permanente Installation“ einer Friedensstatue, die generell „allen Opfern sexualisierter Gewalt gegenüber Frauen in kriegerischen Konflikten“ gedenken soll, und nicht nur denen im Pazifischen Krieg.

Unabhängig davon will der Bezirk an der bisherigen Statue einen Text anbringen, der sie nicht ausschließlich als Opfer koreanischer Frauen durch japanische Militärs dastehen lässt, sondern allgemeiner als Opfer sexualisierter Gewalt in Kriegen. Der Textinhalt ist aber zwischen Bezirk, bezirklicher Kunstkommission und Senatskanzlei strittig.

Korea Verband fordert den Erhalt

Offen ist zudem die Frage, ob in ein neu zu schaffendes Denkmal die bisherige Statue einbezogen wird oder ob etwas völlig neues entstehen soll, für das dann die bisherige Statue abgebaut werden müsste. Der Korea Verband fordert den Erhalt der Friedensstatue am bisherigen Standort plus etwas Neuem dazu, sagt seine Vorsitzende Nataly Han der taz. „Es verwirrt mich, dass man in der deutschen Öffentlichkeit dem Leugnungsversuch Japans, das ja im pazifischen Krieg Täter war, so viel Aufmerksamkeit widmet.“

Sollte die bisherige Statue abgebaut werden, wäre es rechtlich möglich, dass sie auf ein Privatgelände umzieht. Das kann das Grundstück einer Firma oder einer Kirchengemeinde sein oder auch ein Krankenhausgelände.

Doch wer sich bereit erklärt, die Statue auf sein Grundstück zu stellen, der muss mit Protest rechnen. Etwa drei bis vier Mails pro Woche erhalten Bezirksverordnete aus Mitte, in denen das sofortige Verschwinden der Statue gefordert wird, sagt Thilo Urchs, der für die Linken in der BVV von Mitte sitzt. „Das sind keine wortgleichen Spams, aber ich habe schon den Eindruck, dass das organisiert wird. Denn die Mails kommen von weit her. Vor Ort in Moabit ist die Statue ja akzeptiert.“

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