taz Talk über Boomer mit Heinz Bude: Leben auf der Kippe
Soziologe Heinz Bude verabschiedete die Boomer beim 425. taz Talk: Eine Abrechnung mit der Generation, die mit der drohenden Katastrophe aufwuchs.
Mit Ausnahmen gehörte das Publikum ebenfalls diesen Jahrgängen an. Budes Buch „Abschied von den Boomern“ rangierte zum Zeitpunkt des Gesprächs auf Platz sieben der Spiegel-Bestsellerliste für Sachbücher.
„Boomer, damit sind wir gemeint, Jan“, stellte Bude anfangs fest. Stellenweise glich das Gespräch daher der Selbstfindung einer Generation im akuten Altersmodus. „Wir waren immer zu viele und werden auch immer zu viele sein,“ sagte der in Wuppertal geborene Soziologe. Aber ein starkes Wir-Gefühl sei in dieser sozialen Gruppe nicht vorhanden.
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Falsch abgebogen in Richtung Konsum
Dennoch gebe es gemeinsame Erfahrungen. Das „Leben auf der Kippe“ angesichts des Kalten Krieges sowie die latent drohenden Katastrophen haben diese Generation geprägt. Allen voran zwei gesellschaftliche Großereignisse: Aids und Tschernobyl in den 1980er Jahren. Boomer mussten lernen, dass einige gesellschaftliche Krisen nur durch individuelle Handlungen bewältigt werden können.
Tschernobyl führte ihnen vor Augen, wie menschliches Versagen dazu führen kann, dass die Welt unbewohnbar wird. Für diese Erkenntnis stehe der Name Brokdorf. Dort, in der schleswig-holsteinischen Marsch, versammelten sich Atomkraftgegner*innen im Februar 1981 zur größten Antiatomkraftdemo Deutschlands.
Die entscheidende Frage des Abends kam aus dem Publikum: „Und warum sind wir dann falsch in Richtung Konsum abgebogen?“ Rückblickend kristallisieren sich aus dem Gespräch zwischen Bude und den anderen mehrere Elemente heraus, die diese Frage beantworten könnten: Streben nach Wohlstand und Erwerbsarbeit, pragmatische Herangehensweise und der Übergang von der Industrie zur Dienstleistungsgesellschaft?
Bei der Frage, ob die Boomer Schuld trifft an den klimakatastrophischen Zuständen, entlastete Bude seine Generation mit der Aussage: Es habe keinen Sinn, ein schlechtes Gewissen zu haben. Fazit aus jüngerer Perspektive: Noch sollten wir die Boomer nicht abschreiben. Schließlich sind auch sie es, die unsere Heizungen modernisieren müssen.
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