soldatinnen und rente: Karriere machen und keine Kinder!
Tja, sind das nun frauenpolitische Fortschritte? Frauen dürfen in der Bundeswehr nun doch überall mitschießen, das hat das Kabinett gestern beschlossen. Alle, restlos alle Einheiten, inklusive Kampftruppen, werden für Frauen geöffnet. Da sind sie also so gleichgestellt worden, die Frauen, wie sie es sich immer gewünscht haben – auch wenn sie in diesem speziellen Fall nicht gerade gedrängelt haben.
Kommentarvon HEIDE OESTREICH
Parallel dazu hat die Koalitionsarbeitsgruppe einen Vorschlag für die Rentenreform vorgelegt, in dem eine eigenständige Alterssicherung für Frauen nicht mehr vorkommt. Zwar werden Kindererziehungszeiten stärker berücksichtigt. Doch das gesellschaftspolitische Signal bleibt aus: Die Wenigverdiener in einer Ehe, also meist Frauen, werden weiter mit Brosamen von 60 Prozent Witwenrente abgespeist, während die Vielverdiener, ihre Männer, selbstverständlich 100 Prozent bekommen. Schlimmer noch, die Hinterbliebenenrente wird sogar auf 55 Prozent abgesenkt.
Wenn man noch dazurechnet, dass die im Schnitt weniger verdienenden Frauen ohnehin benachteiligt sind, da sie nun auch noch Geld für die private Altersvorsorge abzwacken müssen, kann man verstehen, dass der Frauenrat die Rentenreform bitter als „Sicherung der Altersarmut von Frauen“ bezeichnet. Hinzu kommt, dass die schönsten Anrechnungsmodelle aller möglichen Kinderkombinationen natürlich nicht viel nützen, wenn die gesetzliche Rente ohnehin nur noch ein Minimum der Altersversorgung ausmacht. Gleich, welche Melange Regierung und Union zusammenrühren: In der Rentenpolitik werden Frauen im Moment ungleicher.
Was schließen wir aus diesen beiden Sachverhalten? Frauen, die sich perfekt an das herrschende Modell von Männlichkeit anpassen, gewinnen. Frauen, die ebenso gut und gerne schießen, durch den Dreck robben, kampfschwimmen wie Männer, die dürfen auch mit einer dicken Soldatenpension rechnen, falls sie das Pensionsalter erreichen. Frauen, die Karriere machen, können sich privat versichern. Frauen, die Teilzeit arbeiten, Kinder erziehen, wenig verdienen, haben verloren. Also, rein in die Bundeswehr, auf zur Karriere – und bloß keine Kinder bekommen. Dann allerdings wird das Demografieproblem des Herrn Riester, der das staatliche Rentensystem ins Wanken brachte, sich über kurz oder lang weiter verschärfen: Ohne Kinder keine Rentenzahler. Aber dafür wird sich vielleicht noch die eine oder andere Inderin finden.
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