rüstungsexport: Quadratur des Kreises
Es ist der grünen Verteidigungspolitikerin Angelika Beer nicht zu verdenken, dass sie gestern lauthals gegen den Export von Maschinen zur Produktion von Munition an die Türkei protestierte. Es wird ja Zeit, dass die Grünen sich wieder einmal bei ihren Wählern zurückmelden, wofür ein Konflikt mit der Rüstungsindustrie immer gut ist. Nur die Crux an dem grünen Aufschrei, so er denn tatsächlich zu einem wird, ist die Kurzatmigkeit der damit eingeschlagenen politischen Linie.
Kommentarvon JÜRGEN GOTTSCHLICH
Die Nato stellt auf Weisung des großen Bruders Amerika ihr Kaliber für Gewehrmunition um. Die türkische Armee kauft deshalb Maschinen, mit denen die Munition im neuen Kaliber hergestellt werden kann. Sicher, Munition ist dafür da, zu schießen, und Soldaten schießen auf Menschen. Im Falle der türkischen Armee auch auf Kurden. Trotzdem gibt es gewichtige Unterschiede zwischen dem Export eines Leopard-II-Panzers und Maschinen zur Herstellung eines Nato-konformen Munitionskalibers. Der Leopard II ist eines der technisch am höchsten entwickelten Waffensysteme der Welt. Ihn an die Türkei zu liefern, setzte ein besonderes Vertrauensverhältnis voraus, was zur Zeit zu Recht nicht besteht.
Wenn man aber einem Nato-Partner Maschinen zur Munitionsproduktion nicht liefern will, sollte man doch so konsequent sein, dann auch die Auflösung oder zumindest die Suspendierung dieser Partnerschaft zu verlangen.
Politiker, die ernst genommen werden wollen, sollten ihre Positionen zu Ende formulieren. Ein klares Nein zu jeder rüstungsrelevanten Zusammenarbeit mit der Türkei kann nur bedeuten: Die Türkei soll raus aus der Nato. Alles andere gleicht der Quadratur des Kreises, ist nicht mehr als wohlfeile Entrüstung in der Hoffnung, seine eigene Weste weiß zu behalten. Wer jedoch konsequenterweise fordert, die Türkei aus der Nato auszuschließen, kann nicht gleichzeitig für eine EU-Integration sein. Wenn es jedoch einen Weg gibt, die Menschenrechtslage in der Türkei zu verbessern, dann durch die Annäherung an die EU und baldige Beitrittsverhandlungen. Die Grünen als Regierungspartei müssen sich gefallen lassen, nach den Konsequenzen ihrer Entscheidungen befragt zu werden. Was wollen sie? Ein moralisch gutes Gefühl oder deutsch-türkische Beziehungen, die dazu beitragen, den Weg der Türkei nach Europa zu ebnen? Beides auf einmal ist nicht zu haben.
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