renate künast im stall: Jetzt ist das grüne Desaster komplett
Renate Künast – Punkfrisur, Kreuzberger Kodderschnauze, kann mit Mühe ein Holsteiner Rindvieh vom vietnamesischen Wasserbüffel unterscheiden – wird nun neue Landwirtschaftsministerin. Eine echte Traumbesetzung! Wir sehen sie schon in stickigen Hinterzimmern der Agrarhochburgen, wenn sie ihr Tabakpfeifchen entzündet und dem rotbackigen Landvolk wuchtig ihr Reformpaket erklärt. Die Bauern werden sie knutschen. Selbst Kälbchen Peter macht Bocksprünge.
Kommentarvon MANFRED KRIENER
Die Personalentscheidung ist ein kapitaler Fehler. Künast ist das größte politische Talent der Grünen seit Joschka Fischer. Schnell im Kopf, sympathisch, selbstbewusst, ein emsig sprudelnder Wasserfall, den kein politischer Gegner so schnell abstellt. Die ideale Parteisprecherin und Frontfrau, um die Grünen in der Öffentlichkeit zu vertreten. Jetzt bekommt sie das Himmelfahrtskommando einer BSE-Krisenmanagerin anvertraut. Die Selbstamputation einer Partei.
Keine Ahnung und davon viel: Bisher war es das Privileg der SPD, Minister zu benennen – zuletzt Kurtchen Bodewig im Verkehrsressort –, die von ihrem Amt nichts verstehen. Jetzt machen die Grünen munter mit. Morgens bei der Pressekonferenz musste noch Künast-Kollege Fritz Kuhn alle Fragen zu BSE und Verbraucherschutz beantworten, weil Madame bei solchen Fragen null Durchblick besaß. Abends ist dieselbe Person plötzlich Ministerin für Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz. Steile Karriere!
Dabei hatte die Partei eine glänzende Frau in Reserve: Bärbel Höhn. Die ist nicht nur hoch kompetent, sondern auch durchsetzungsfähig, bauernkompatibel, klug, administrativ erfahren. Seit dem Bielefelder Parteitag, als Höhn gegen den Krieg im Kosovo wetterte, ist sie allerdings in der Vorstandsetage der Ökopaxler nicht mehr wohl gelitten. Auch Schröder liebt sie nicht gerade innig. In der nächtlichen Krisensitzung wurde deshalb vor allem darum gerungen, Höhn zu verhindern. Leider geht es auch bei den Grünen nicht darum, die Beste für einen schwierigen Job zu finden, sondern im trüben Geflecht von Seil-, Freund- und Feindschaften mit Posten zu schachern.
Dass dabei die Chance vertan wurde, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu trennen, komplettiert das Desaster. Mit dem Wechsel vom Gesundheits- zum Agrarressort wird die Partei zudem noch stärker in die Öko-Krisen-Ecke gedrängt – zur Feuerwehr der Nation. Ja, sind die Grünen denn wahnsinnig?
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