„natelight“ bei ZDFneo: Ein Witz war gut
Am Donnerstag startete „natelight“ auf dem ehemaligen Sendeplatz von Joko und Klaas. Die Show ist so uninspiriert wie ihr Titel.
Moderator Philip Simon passiert so ziemlich genau ein guter Witz, und der leider auch nur zufällig. „Schauen Sie bei Twitter und Facebook und im Netz unter latenight.de“, absolviert er brav die öffentlich-rechtliche Pflichtübung zum Thema Interaktivität mit dem Zuschauer. Nur heißt Simons Kreuzung aus Stand-up-Comedy und Late-Night-Talk, die gestern Abend auf ZDFneo Premiere hatte, eben nicht latenight, sondern – ja, tatsächlich – „natelight“.
Ein bisschen edgy, hey, so ein wilder Buchstabendreher, immerhin ist man hier in der gebührenfinanzierten digitalen Sparte. Und die gilt spätestens seit den – mittlerweile unter anderem Label zu Pro Sieben abgewanderten beziehungsweise eingestellten – Anarcho-Talks „neoParadise“ und „Roche und Böhmermann“ als durchaus gesellschaftsfähig beim vom digitalen ZDF anvisierten jungen Publikum.
Das könnte sich auch durchaus wieder ändern. Zumindest „natelight“ ist so uninspiriert wie es der Sendungstitel vermuten lässt. Da zeigt Simon beim anfänglichen Stand-up-Stadl ein Foto der Zschäpe-Anwälte Wolfgang Stahl, Wolfgang Heer und Anja Sturm und lacht sich allen Ernstes jetzt noch über die Nachnamen der Juristen kaputt. „Der war überrascht, dass überhaupt geklatscht wurde“, kommentiert er anschließend noch eine Rede vom ungeliebten SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück. Das ist man bei Simon freilich auch.
Es folgen die obligatorischen Außenszenen: Simon geht in einem Shoppingcenter auf Stimmenfang für Steinbrück. Weil im Einkaufszentrum rum stehen und Leute nerven aber weder eine neue noch eine besonders originelle Idee ist, tut Simon irgendwann so, als ob er sich mit Eierlikör („iihhh!“) besaufen würde. Das ist manchem Gast (Konstantin Gropper, Sänger von „Get well soon“) bei „Roche und Böhmermann“ mit Whiskey statt mit Likör allerdings schon mit beiläufigerer Coolness gelungen. Und Olli Schulz war als Außenreporter in „Circus Halli Galli“, der neuen Show von Winterscheidt und Heufer-Umlauf auf Pro Sieben, wenigstens ernsthaft besoffen, als er im Berliner Nobelhotel Ritz Carlton randalierte und Til Schweiger nervte.
Dann kommt Studiogast Jan Becker auf die „natelight“-Bühne, und mit ihm der endgültige Absturz. Becker ist selbsternannter Wahrsager und Hypnotiseur, er klebt sich zwei Münzen auf die Augen, und wandelt dann auf diese Art erblindet, mit erhobenem Dolch und verschrobene Porno-Lyrik zitierend, durchs Publikum. Da hinein musste sich, einen lila Luftballon im Arm, eine zufällig ausgewählte Zuschauerin stellen. Mit ihren Gedanken soll sie Becker zu sich lotsen: „Nicht mehr sprechen, nur noch denken“, mahnt Becker, redet aber selbst leider weiter.
Irgendwann steht Becker tatsächlich vor ihr und zersticht zu den letzten Versen Gothic-Gefasel theatralisch den Ballon. Philip Simon findet es „großartig“. Ganz einfach. Und man wünscht sich dringlichst Joko und Klaas zurück, die sich über solchen Schwachsinn einfach bloß zehn Minuten kaputt lachen. Oder das Ganze in ein Shoppingcenter verlegen.
Ganz zum Schluss kommt dann noch fix Comedian Bernd Hoëcker („Switch“) herein und muss, warum auch immer, aus drei gewürfelten Stichworten (CIA, Opel-Pleite, Weltherrschaft) eine Verschwörungstheorie basteln. Und dann ist die erste Folge „natelight“ plötzlich vorbei. Auch gut.
„natelight“, donnerstags, 22.15 Uhr, ZDFneo
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