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heute in hamburg„Fleisch aus der Petrischale ebenso wie politischer Druck“

Vortrag und Diskussion „Politische Gerechtigkeit für Tiere“: Livestream im Rahmen der Vortragsreihe „Komplex Tier“ unter https://www.facebook.com/komplextier/, 19 Uhr

Interview Lissy Malethan

taz: Herr Ladwig, Sie schreiben, dass unsere Nachfahren sich für das Unrecht, das wir Tieren antun, schämen werden. Warum?

Bernd Ladwig: Unsere Nachkommen werden wahrscheinlich auf viele unserer Praktiken, die Tiere betreffen, so blicken, wie wir auf Vergangenes blicken, zum Beispiel auf die Herabwürdigung der Frau. Ich nehme an, dass moralische Lernprozesse, im Sinne zunehmender Einbeziehung und Gleichstellung, weitergehen werden. Und dass in diesen beiden Hinsichten jetzt der nächste Schritt über die Spezies-Grenze hinausgeht und auch Empfindungen für Tiere einbezieht. Damit wird die Willkür, die deren Ausschluss bedeutet, korrigiert.

Sie warnen, dass sich der Mensch durch den Umgang mit Tieren selbst in Gefahr bringt.

Das bezieht sich konkret auf die Corona-krise, und das, was in den Schlachthöfen passiert. Das ist ein Beispiel dafür, dass der rücksichtslose Umgang mit Tieren auch auf Menschen zurückschlägt und dass zum Beispiel Pandemien viel mit Mensch-Tier-Kontakten zu tun haben. Hier kommen Argumente, die eher Tierrechte und Tierwohl betreffen, aber auch Argumente, die unser aufgeklärtes Eigeninteresse als Menschen betreffen. Diese verschiedenen Argumente weisen in dieselbe Richtung: Wir müssen unsere Mensch-Tier-Beziehungen verändern.

Ist das ein erreichbares Ziel?

Ja, aber sicherlich nicht von heute auf morgen. Auf der Bewusstseinsebene tut sich im Moment sehr viel. Das zeigt auch die Existenz stärker werdender Tierschutzbewegungen und juristischer Initiativen. Das Grundhindernis bleibt aber bestehen: Die Tiere können nicht für sich selbst ihre Rechte einfordern. Dies müssen immer Menschen für sie tun.

Welche Auswirkungen hat das?

Foto: FU Berlin

Bernd Ladwig

54, ist Professor für politische Theorie und Philosophie an der Freien Universität Berlin und forscht zum Verhältnis von Menschen und Tier­rechten.

Das ist ein großes Hindernis für die Anerkennung ihrer Ansprüche. In typischen Fällen emanzipatorischer Bewegungen meldeten mindestens im gleichen Maße die Betroffenen selbst ihre Ansprüche an. Dass die Menschen das in diesem Fall tun müssen, ist asymme­trisch.

Was braucht es dann, um Gerechtigkeit herzustellen?

Ich glaube, dass es einer Konvergenz von moralischen Fortschritten, politischem Druck und technischen Errungenschaften bedarf, damit Tiere besser behandelt werden. Wenn es um die Abschaffung der Fleischtierhaltung geht, werden Dinge wie Fleisch aus der ­Petrischale ebenso wichtig sein wie politischer Druck.

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