geht’s noch?: Für wie doof hält uns BMW ?
Die Bayern behaupten ernsthaft, sie hätten aus Versehen eine Manipulationssoftware eingesetzt. Das wundert nicht. Bisher sind die Konzerne mit jeder Absurdität durchgekommen
Nach zweieinhalb Jahren Dieselskandal könnte man ja erwarten, dass einen nichts mehr schockt. Doch dann kommt BMW: jener bayerische Automobilhersteller, der bisher mit großem Nachdruck erklärt hatte, an seinen Dieselmotoren werde nicht, aber auch gar nicht manipuliert – auch nachdem die Deutsche Umwelthilfe in Straßentests wiederholt stark überhöhte Stickoxidwerte der BMW-Fahrzeuge gemessen hatte.
Nachdem diese überhöhten Werte mit neun Monaten Verzögerung auch dem zuständigen Kraftfahrtbundesamt aufgefallen sind, hat das bisherige Unschuldslamm BMW nun eingeräumt, dass auch in manchen seiner Fahrzeuge eine Software dafür sorgt, dass die Abgasreinigung nur im Labor richtig funktioniert. Doch das sei nicht etwa böse Absicht, teilte der Konzern mit, sondern ein Versehen. Die falsche Software sei „irrtümlich“ bei 11.700 Fahrzeugen aufgespielt worden, behauptet BMW allen Ernstes.
Da fragt man sich doch: Für wie doof halten die die Menschen? Die frustrierende Antwort: Für so doof, wie es nach den bisherigen Reaktionen auf den Dieselskandal angemessen ist. Denn den haben die PolitikerInnen und AutokäuferInnen erstaunlich gelassen hingenommen. Volkswagen erzielt im zweiten Jahr nach dem eingestandenen millionenfachen Betrug, für den ein Großteil der Kunden bis heute nicht entschädigt wurde, mit mehr als elf Milliarden Euro den höchsten Gewinn der Firmengeschichte. Der Daimler-Konzern, gegen den in den USA und in Deutschland ebenfalls wegen vermuteter illegaler Abschalteinrichtungen ermittelt wird, verdiente etwa genauso viel.
Auch von der deutschen Regierung hatten die Konzerne bisher nichts zu befürchten. Anders als in den USA hat die Bundesregierung die fragwürdigen Begründungen der Hersteller für ihre Abschaltvorrichtungen in den meisten Fällen akzeptiert. Das motiviert offenbar zu immer absurderen Ausreden, wie das Beispiel BMW zeigt.
Und nachdem die Politik sie bisher vor ernsthaften Konsequenzen bewahrt hat, ist es nur logisch, dass die Hersteller sich auch nach dem aktuellen Fahrverbotsurteil standhaft weigern, die Motoren (auf ihre Kosten) so nachzurüsten, dass sie die Grenzwerte einhielten. Doch damit dürften sie die Dreistigkeit übertreiben. Denn auch wenn giftige Abgase die deutschen Autofahrer nicht stören – wenn sie mit ihren dreckigen Dieseln nicht mehr alle Straßen befahren dürfen, hört der Spaß doch auf. Malte Kreutzfeldt
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