frauentaz: Das Matriarchat der Texte
Die Idee einer emanzipierten, solidarischen, gerechten Welt steht im Feuer. Was ist die Antwort auf Hierarchie, Hass, Hetze und zunehmenden Antifeminismus?
K riegstreiber, Oligarchen, Tech-Milliardäre: Die globale Bruderschaft der Männer attackiert den Westen, wie wir ihn kannten. Hierarchie statt Freiheit, Hass und Hetze statt Menschenrechte, Antifeminismus statt Geschlechtergerechtigkeit: Die Idee einer emanzipierten, solidarischen, gerechten Welt steht im Feuer.
„Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es.“ Zum feministischen Kampftag am 8. März wird die wochentaz zur Frauentaz. Auf 52 Seiten blicken wir auf das gesamte Leben einer Frau – von der Geburt bis zum Tod. Auf taz.de widmen wir uns dem Thema ganze drei Tage.
Auch hierzulande droht das Rollback. Vielsagend das erste Foto der wohl neuen Führungsriege der Union: mittelalte lächelnde Herren in Anzügen, die Ministerposten wollen – ohne eine einzige weibliche Person am Tisch. Im nächsten Bundestag liegt der Frauenanteil bei gerade mal 32,4 Prozent und ist damit so niedrig wie seit 16 Jahren nicht.
Queere Menschen, Menschen mit Migrationsgeschichte, Nichtakademiker*innen sind noch deutlicher in der Minderheit als zuvor. Das Patriarchat holt sich die Macht zurück. Mit dieser Ausgabe der wochentaz zum feministischen Kampftag am 8. März 2025 wollen wir ein Zeichen dagegen setzen.
Geschlechterverhältnisse von heute
Einer der berühmtesten Sätze von Simone de Beauvoir lautet: Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es (On ne naît pas femme: on le devient). 1949 hat sie diesen Satz geschrieben. 2025 stellen wir ihn unserer Ausgabe voran.
Die Geschlechterverhältnisse sind heute andere als damals. Aber auch und gerade in einer Welt, wie sie sich gerade zeigt, beschäftigen uns viele Fragen gleichermaßen. Was bedeutet es, Mädchen oder Frau zu sein? Was heißt weibliche Solidarität? Woher kommt das Patriarchat, wie leben wir darin – und wie schaffen wir es ab?
Ein Mädchen, das in Deutschland im Jahr 2025 zur Welt kommt, wird sich im Laufe ihres Lebens mit Fragen wie diesen beschäftigen. Ob bewusst oder nicht, ob gewollt oder nicht: Sie selbst und ihr Umfeld, die Welt, in der sie lebt, prägen die Art und Weise, wie sie sich als Mädchen, als junge und ältere Frau wahrnimmt und erlebt. An diesem Wochenende beschäftigen wir uns deshalb auf 52 Seiten mit dem Leben einer Frau von der Geburt bis zum Tod.
Keine Politik, keine Zukunft, keine Gesellschaft
Dazu lösen wir alle Ressorts auf: Es gibt in dieser Ausgabe keine Politik, keine Zukunft, keine Gesellschaft. Stattdessen beginnen wir mit der Geburt, gehen über die Kindheit zur Jugend, zum Erwachsenenalter bis ins hohe Alter. 91 Jahre alt ist die älteste Frau, die in dieser Ausgabe interviewt wird. Ein Mädchen, das 2025 zur Welt kommt, wird erst im Jahr 2116 91 Jahre alt sein. Zwischen diesen Zahlen liegen ganze Leben, zwischen den Erfahrungen womöglich Welten. Das Frausein eint sie dennoch.
Frauen, das betonen wir angesichts der politischen Verhältnisse wieder und noch deutlicher als sonst, sind selbstverständlich cis und trans Frauen. Lesben mit Kindern sind selbstverständlich ebenso Familie wie Menschen sonstiger sexueller Orientierung. Was Frausein bedeutet, muss sich, wie Antje Schrupp in ihrem Essay über die Entstehung von Geschlecht schreibt, immer wieder neu mit Bedeutung füllen.
Empfohlener externer Inhalt
Feministischer Kampftag

Wir möchten mit dieser Ausgabe alle Frauen ansprechen – und als Leser*innen auch alle Personen anderen Geschlechts herzlich einladen. 17 ausgewählte Texte gibt es zum Hören im von taz-Vizechefredakteurin Katrin Gottschalk moderierten Frauentaz-Podcast.
Gegen den „Male Gaze“
Besonders sind in dieser Ausgabe auch die Fotos. Die Darstellung von Frauen unterliegt einem oft männlichen, heterosexuellen Blick. Die Bilder dieser Ausgabe verweigern sich dem „Male Gaze“. Fünf Künstlerinnen zeigen uns ihren eigenen Blick aufs Frausein. Die Fotografin Annika Weertz begleitet Teenager bei ihrem selbstbewussten Spiel mit Rollenbildern und Gendercodes.
Lea Greub zieht mit einem feministischen Sprayerkollektiv durch Berlin. Isabelle Wenzel begegnet der männlichen Fetischisierung weiblicher Attribute mit akrobatischer Leichtigkeit. Die Musikerin Françoise Cactus malte zu Lebzeiten Bilder von Frauen (Bilder von Männern fand sie langweilig). Und die über 90 Jahre alte US-amerikanische Fotografin Rosalind Fox Solomon betrachtet ihren Körper mit anhaltender Neugierde.
Empfohlener externer Inhalt
Was die Antwort ist auf den zunehmenden Antifeminismus hierzulande und international? Wir wissen es noch nicht, wir müssen es zusammen herausfinden. Was wir wissen: Für feministischen Protest, für Mut und Solidarität, für eine Welt, die auf Gerechtigkeit baut, lohnt es sich zu kämpfen.
Lesen gegen das Patriarchat
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