„epd medien“ wird 70: Barometer der medialen Welt
Seit 70 Jahren informiert der Nachrichtendienst „epd medien“ über Presse und Rundfunk. Unaufgeregt und unabhängig – dank Kirchensteuer.
Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn. Aber am achten ward Gott langweilig von seinen Werken, und er sprach: Also will ich wissen um die Zusammenhänge und Hintergründe und profunde Analyse lesen von dem, was da spricht und sendet zwischen Himmel und Erde. Und so schuf Gott am achten Tag epd medien.
So jedenfalls steht es geschrieben in den apokryphen Büchern der Diemut (Dmt I, 2-6.), die es, wie es die Apokryphen nun mal so an sich haben, nicht in die Bibel schafften. Wir wissen nur, dass es damals so geschah, und was dabei herauskam, hieß auch noch nicht epd medien, sondern für jedeN leicht durchschaubar Kirche und Rundfunk.
Die Redaktion saß – wie sich das für einen anständig-fortschrittlichen evangelischen Informationsdienst gehört – auf dem heiligen Berg in Bethel bei Bielefeld. Übrigens im Friedhofsweg, kein schlechtes Omen, denn morgen feiert epd medien, mittlerweile ins ein bisschen weniger christliche Frankfurt an den Main umgezogen, seinen 70. Geburtstag mit einer großen Sause.
Die erste Ausgabe von Kirche und Rundfunk, schon bald wie später nur noch Saftmischgetränke liebevoll zu KiFu verkürzt, war schon im Januar 1949 erschienen. Damit ist epd medien älter als die ARD – und sogar älter als die Bundesrepublik selbst.
Rundfunk nicht nur hören und sehen, sondern verstehen
Nicht als technische Errungenschaft – und Hilfsmittel der Verkündigung – wolle die Kirche den Rundfunk begreifen, sondern ihn auch „in seiner kulturellen und soziologischen Eigengesetzlichkeit verstehen lernen“, hieß es in der ersten Ausgabe. Heute heißt so etwas „Mission Statement“.
Für die britischen Zone sendete damals der Nordwestdeutsche Rundfunk (NWDR), aus dem später NDR, WDR und der Sender Freies Berlin (heute rbb) wurden. Der Generaldirektor dieser der BBC nachempfundenen zentralen Anstalt öffentlichen Rechts hieß Adolf Grimme. Er ist in der ersten KiFu mit einer bis heute aktuellen Mahnung vertreten, die sich so unverblümt keinE IntendantIn mehr zu sagen traut: „Der Rundfunk darf nicht der verführerischen Jagd nach Popularität verfallen.“
Jetzt, 2019, wollen die MinisterpräsidentInnen der Länder im Zuge der Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks genau diese Mahnung noch mal in den runderneuerten Auftrag von ARD und ZDF schreiben. Allein daran schon erkennt man, wie sehr Grimme – lange bevor irgendjemand zum ersten Mal „Quote“ gesagt hat – ahnte, was da auf uns zukam. Er hatte es bloß ein wenig umständlich formuliert.
In den Jahren, die folgten, hat sich die KiFu, aus der dann 1997 epd medien wurde, zu einem Fachdienst gemausert. Längst geht er weit hinaus über die ursprünglich mal angedachte Information für die KirchenvertreterInnen, die in den öffentlich-rechtlichen Aufsichtsgremien sitzen. Ab 1953 gibt es dann als katholisches Pendant die Funkkorrespondenz (seit 2015 Medienkorrespondenz – Disclaimer: Ich schreibe ab und zu für beide Titel).
„Marienhof“-Skandal
Zu den Sternstunden von epd medien gehört sicherlich Volker Lilienthals große Recherche zur Schleichwerbung in der ARD im Jahr 2005, bekannt als „Marienhof-Skandal“. Lilienthal fand heraus, dass der Senderverbund sich für platzierte Produktwerbung und sogar für platzierte Dialoge in der Seifenoper bezahlen ließ – unter anderem von der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Da wackelte die öffentlich-rechtliche Wand.
Auch heute ist epd medien unverzichtbares Barometer der medialen Welt und der Berichterstattung über sie. Ganze egal, wie viele meedias oder DWDLs noch kommen und gehen: Die immense Erfahrung (und das Archiv, siehe Grimme), die Unabhängigkeit (dank Kirchensteuer) und die unaufgeregte Professionalität von epd medien sind – wie so ziemlich alles, was in der Bibel steht – für die Ewigkeit. Amen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW