piwik no script img

die dritte meinungEin chancengerechtes Angebot im Lebensumfeld aller Kinder fordert Nina Ohlmeier

Nina Ohlmeier

leitet die Abteilung Politische Kommunikation beim Deutschen Kinderhilfswerk.

Die Coronakrise als „Brennglas“ für bestehende gesellschaftliche Problemlagen, so ist es auch beim Thema „Kinderarmut“. Jedes fünfte Kind lebt in Armut, das sind mehr als zwei Millionen Kinder in Deutschland, denen gleichwertige Entwicklungschancen vorenthalten werden. Von einem Anstieg angesichts der wirtschaftlichen Folgen der Krise ist auszugehen. Zwar hat die Bundesregierung kurzfristig finanzielle Unterstützungsleistungen auf den Weg gebracht, die Ursachen gehen diese jedoch nicht an, und von einer krisenbedingten Aufstockung für Familien im Hartz-IV-Bezug keine Spur. Durch die Schulschließungen ist zu erwarten, dass bestehende soziale Ungleichheiten sogar weiter verstärkt, Armutskreisläufe verstetigt werden – wenn nicht nachgesteuert wird.

Die Zahlen der Bertelsmann Stiftung zeigen deutlich, was Armut für Kinder bedeutet: kein Urlaub, kein ausreichender Wohnraum, selbst für einmal im Monat Restaurant oder Kino reicht es oft nicht. Das gängige Gegenargument, dass Eltern zusätzliche Geldleistungen nicht an ihre Kinder weitergeben würden, greift hier nicht. Denn Eltern sparen eher an sich selber als bei ihren Kindern, das zeigt die Studie auch.

Jedes einzelne Kind in Deutschland hat das Recht auf ein gutes Aufwachsen und auf gleiche Lebenschancen. Dabei darf es nicht vom Wohnort abhängen oder von den finanziellen Möglichkeiten der Familie, was die Zukunft für ein Kind bereithält. Es braucht endlich eine Gesamtstrategie gegen Kinder­armut. Die politischen Konzepte dafür liegen auf dem Tisch: Eine eigenständige finanzielle Absicherung von Kindern über eine Kindergrundsicherung und die Absicherung der Bildungs- und Teilhabebedarfe durch ein chancengerechtes und partizipatives Angebot im Lebensumfeld von Kindern. Dazu gehören kommunale Präventionsnetzwerke, ein armutspräventives Bildungssystem und neue Wege, wie digitale Kinderteilhabepässe. Politischer Wille ist gefragt und eine große Vision über das Drehen kleiner Schrauben im System hinaus. Schluss mit den Ausreden!

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen