die dritte meinung: Deutschland braucht eine Landwirtschaft, die Klima, Boden und Wasser schützt, sagt Ute Scheub
Ute Scheub ist freie Journalistin und Mitgründerin der taz. Ihr mit Stefan Schwarzer verfasstes Buch „Die Humusrevolution. Wie wir den Boden heilen, das Klima retten und die Ernährungswende schaffen“ ist kürzlich im oekom Verlag erschienen.
Darf ich mir was wünschen? Ich wünsche mir, dass die Jamaika-Koalition regenerative Agrikultur auf breiter Front fördert, sodass sich Klima, Boden und Wasser in Deutschland merkbar regenerieren.
Der Begriff regenerative Agrikultur ist gewöhnungsbedürftig. Darunter versteckt sich aber ein gewaltiger Hoffnungsträger mit noch weitgehend unentdeckten Kräften. Mitte Juni 2015 wurde das globale Bündnis „Regeneration International“ gegründet, an dem Landwirte, Kleinbäuerinnen, Forscher, Konsumentinnen, Politiker mitwirken. Sein Anspruch: den Planeten kühlen, die Menschheit gesund ernähren, Frieden und Prosperität fördern. Das geht mit einem Set aus alten und neuen Ökotechniken wie Humusaufbau, Permakultur, Fruchtwechsel, Direktsaat und vielem mehr.
Humus besteht zu 58 Prozent aus Kohlenstoff. Durch Humusbildung kann man den Kohlenstoff aus der CO2-übersättigten Atmosphäre zurück in die Erde bringen, wo er bitter nötig ist. Denn mehr als ein Drittel der global nutzbaren Böden sind degradiert. Entwaldung, Monokulturen, Kunstdünger und Pestizide haben riesige Mengen Humus zerstört, Kohlenstoff wurde freigesetzt und oxidierte in der Luft zu CO2.
Das bedeutet umgekehrt: Belohnt die (Öko-)Bauern endlich dafür, dass sie Kohlenstoff binden und Humus aufbauen, dass sie natürliche Ressourcen regenerieren! Das könnte etwa durch Forschungs- und Förderprogramme und Änderung der EU-Agrarpolitik geschehen. Eigentlich ist Deutschland sogar dazu verpflichtet, denn Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) hat auf dem Klimagipfel 2015 in Paris die Humusaufbauinitiative „4p1000“ mit unterzeichnet. Die Abkürzung steht für 4 Promille Humusaufbau, denn schon das würde genügen, um den Anstieg der globalen CO2-Emissionen zu kompensieren. Nur leider tat Schmidt keinen Handschlag.
Von den Grünen wünsche ich mir, dass sie sich ihrer Wurzeln besinnen, regenerative Agrikultur fördern und eine kreative Klimapolitik durchsetzen.
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