die dritte meinung: DIE LINKE muss nicht pessimistisch sein, sagt der Erfurter Staatskanzlei-Chef Benjamin-Immanuel Hoff
Benjamin-Immanuel Hoff
ist Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Chef der Staatskanzlei des Freistaates Thüringen
Der Wahlsonntag vom 24. 9. 2017 veränderte die Bundesrepublik. Selbst ohne Frauke Petry ist die AfD mit 93 Mandaten drittstärkste Kraft im Bundestag. Die SPD übernimmt die Oppositionsführung, die Grünen gehen aller Wahrscheinlichkeit nach mit der FDP und der Union in die Regierung.
DIE LINKE? Ist eingeklemmt zwischen einer AfD, die in den alten PDS-Hochburgen stark abschneidet, während DIE LINKE im Osten demographisch bedingt absinkt, und einer SPD, die zwangsläufig nach links rücken wird.
Auf den ersten Blick keine ermutigende Aussicht. Doch beim zweiten Blick kein Grund zum Pessimismus. DIE LINKE gewinnt im Westen, vor allem in den Städten und wurde in Berlin zweitstärkste Kraft. Zehn Jahre nach der Fusion mit der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) wird der Wandel spürbar. Die Wählerinnen und Wähler sind jünger, weiblicher und urbaner.
Dass 96 Prozent derjenigen, die bei der Bundestagswahl DIE LINKE wählten, die Partei eine gute Alternative für alle nennen, die sich bei der SPD nicht mehr aufgehoben fühlen, ist im Willy-Brandt-Haus registriert worden. Nicht umsonst blinkte die neue Fraktionschefin Andrea Nahles schon im ersten Statement links und kam auf DIE LINKE zu.
Egal ob taktische Finte oder ernsthafter Kurswechsel – DIE LINKE sollte die Chance ergreifen. Beide Parteien müssen ihre pathologische Abneigung überwinden sowie zu den Grünen – trotz Jamaika – alle Kanäle offenhalten. Denn Österreich, Frankreich oder Skandinavien zeigen, dass Rechtspopulisten deshalb überall den Diskurs nach rechts verschieben konnten, weil die anderen Parteien glaubten, den Raum rechts der Mitte wiederbesetzen zu können.
Doch das Hase-und-Igel-Spiel ist nicht zu gewinnen. Das Ziel besteht darin, es gar nicht erst zu spielen. Vielleicht wird dies die wichtigste Aufgabe der Linken, egal welcher Couleur. Die Alternative auch zu Jamaika ist und bleibt Rot-Rot-Grün.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen