demoverbot: Empörung leicht gemacht
Wer sich empören will, der hat es jetzt wieder leicht: Die Gerichte haben es der rechtsextremistischen NPD erlaubt, am 1. Mai aufzumarschieren, während sie gestern das Verbot einer „linken“ Demonstration in Kreuzberg bestätigt haben. Doch juristisch sind die beiden Entscheidungen kaum angreifbar – schließlich hat es die NPD geschickt vermieden, Angriffspunkte für ein Demonstrationsverbot zu bieten.
Kommentar von RALPH BOLLMANN
Diese vorhersehbare Schieflage hätte sich vermeiden lassen, wenn Innensenator Eckart Werthebach die beiden Demoverbote gar nicht erst ausgesprochen hätte. Denn was juristisch korrekt ist, muss politisch noch lange nicht klug sein. Werthebach hat sein Plädoyer für eine Einschränkung des Demonstrationsrechts oft genug damit begründet, das Ansehen Berlins im In- und Ausland sei in Gefahr. Doch dieses Ansehen gefährdet jetzt Werthebach selbst – indem er jenen Argumente liefert, die glauben, der deutsche Staat sei auf dem rechten Auge blind.
Besonders ärgerlich aber ist, dass Werthebach zur Legendenbildung um den in Wahrheit höchst unpolitischen Kreuzberger Maikrawall beiträgt. „Preußen war schon immer Scheiße“: Auf entlarvende Weise hatte das ursprüngliche Motto der diesjährigen Demo den Parolen der Love Parade („Friede, Freude, Eierkuchen“) geähnelt – und tatsächlich ist ja der 1. Mai in Kreuzberg eine Veranstaltung für all jene, denen das Spektakel im Juli zu wenig Nervenkitzel bereitet. Werthebach hat den Möchtegernrevolutionären eine billige Legitimation geliefert: In ihrem Generalverdacht, der Staat sympathisiere ohnehin mit den Faschisten, können sie sich jetzt bestätigt sehen.
Aber das alles hat Werthebach gewusst. Offenbar agiert er nach dem moralisch höchst fragwürdigen Guerilla-Prinzip, dass man die Zustände erst auf die Spitze treiben muss, bevor sie in die Revolution – in diesem Fall: des Demonstrationsrechts – umschlagen.
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