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Uefa vs. FifaNicht der nette kleine Bruder

Andreas Rüttenauer
Kommentar von Andreas Rüttenauer

Die Uefa inszeniert sich gerne als vernünftigen Gegenpol zur durchgeknallten Fifa. Doch die Europäische Fußballunion geht jeden Schritt der Fifa mit.

Goldverliebt: US-Präsident Donald Trump (r) und Fifa-Präsident Gianni Infantino, am 13.7.2025 Foto: Kai Pfaffenbach/reuters

S o, das schauerliche Spektakel, das der Internationale Fußballverband in den USA durchgezogen hat, ist überstanden. Die Weltmeisterschaft für Klubmannschaften ist vorbei. Die Ölmonarchie Saudi-Arabien hat dafür gesorgt, dass die irrwitzigen Prämien, die den Teilnehmern versprochen worden waren, wirklich an die Vereine ausgeschüttet werden.

Der Präsident der Fifa, Gianni Infantino, hat seine letzten Arschkriechereien bei Donald Trump erfolgreich absolviert und kann nun in aller Ruhe die WM – die eigentliche, die der Nationalmannschaften – im kommenden Jahr vorbereiten. Wie viele Mi­gran­t*in­nen bis dahin in Käfigen gehalten werden und auf die Vertreibung in irgendein Land, das dafür kassiert, warten, wird dem Fifa-Boss egal sein.

Nicht erst seit der WM im homophoben Sklavenhalterstaat Katar, auf dessen WM-Baustellen Hunderte Arbeiter ums Leben gekommen sind, hat der Verband jedes Ansehen verloren. Die Fifa gilt schon lange als Heimat der Sportkorruption, seit sich Funktionäre mit Millionenbeträgen für TV-Rechte bei den großen Turnieren und Bestechungsgeldern bei der Vergabe von Weltmeisterschaften bereichert haben.

Die Uefa inszeniert sich gerne als vernünftigen Gegenpol zur durchgeknallten Fifa. Doch die Europäische Fußballunion ist jeden Schritt mitgegangen, den die Fifa auf ihrem Weg eingeschlagen hat. Auch den Zuschlag für eine Weltmeisterschaft in Saudi-Arabien 2034 hat sie brav durchgewunken. Im europäischen Fußball gibt es nur einen einzigen Verband, der klipp und klar Position bezogen hat. Doch Lise Klaveness, die Präsidentin des norwegischen Fußballverbandes, die der Fifa auf deren Kongress einmal so richtig die Leviten gelesen hat, bleibt eine einsame Ruferin.

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Und doch hält sich die öffentliche Kritik an der Uefa in Grenzen. Gewiss profitiert der Kontinentalverband von dem alles überstrahlenden Irrsinn, den Infantino mit der Fifa abzieht. Neben dem Weltverband wirkt die Uefa wie ein harmloser Organisator kontinentaler Sportgroßereignisse. In der Schweiz präsentierte sie sich gerade wie eine NGO, deren oberstes Ziel es ist, den Frauenfußball zu fördern. Dabei war es die Uefa, die mit der Einführung der Champions League im Jahr 1992 den Weg bereitet hat für das, was heute nicht nur von notorischen Fußballnostalgikern als Abart des modernen Fußballs kritisiert wird.

Durften zu Beginn nur die Landesmeister um den begehrten Henkelpott spielen, nehmen heute bisweilen mehr als vier Klubs aus einem Land am Wettbewerb teil. Das sind dann meistens die Großklubs aus den großen Fußballnationen. Die Landesmeister aus Estland, Slowenien oder Bulgarien werden in Qualifikationsrunden vorher schon ausgesiebt. Wenn der FC Bayern etwa wirklich einmal nur Dritter in einer Saison wird – wie 2024 –, muss er keine Angst haben, von den Geldtöpfen der Uefa abgeklemmt zu werden. Die Champions League steht ihm offen.

Warum die Ligen immer langweiliger werden

Mit den Jahren hat die Uefa so dafür gesorgt, dass nationale Ligen immer langweiliger werden, weil nur die Teams um den Titel spielen können, die regelmäßig die irrwitzigen Prämien aus der Champions League einstreichen oder mit Oligarchenmilliarden und Petrodollars die besten Fußballer der Welt an sich binden können. Vier Milliarden Euro werden in der Champions League jedes Jahr umgesetzt. Das Finale des Wettbewerbs gehört zu den größten jährlich wiederkehrenden Sportevents der Welt.

Zwar hat sich die Uefa selbst einen Kontrollmechanismus verordnet, der sich „Financial Fair Play“ nennt und mit dem dafür gesorgt werden soll, dass Klubs nicht mehr Geld ausgeben, als sie mit dem Fußball erwirtschaften. Doch damit konnte sie nicht verhindern, dass Staatskonzerne vom Golf sich mit irrwitzigen Summen an die europäische Spitze katapultiert haben. Seitdem ein katarischer Staatsfonds 2011 den französischen Klub Paris Saint-Germain gekauft hat, flossen etwa zwei Milliarden Euro – vor allem an Ablösesummen und Spielergehältern – in den Klub. 2025 gewann der Klub den ersehnten Titel in der Champions League.

Die Uefa hatte nichts dagegen, obwohl offensichtlich ist, dass den Investitionen kein realer Wert gegenübersteht. Natürlich hatte sie nichts dagegen: Der Präsident von Paris Saint-Germain sitzt in der Exe­kutive der Uefa. Er ist Katarer, heißt Nasser al-Khelaifi, ist Chef des Investitionsfonds, dem der Pariser Klub gehört, und gehört dem Leitungsgremium der Uefa an. Das – wegen der Arbeitsbedingungen und seiner staatlich festgeschriebenen Homophobie zu Recht viel gescholtene – Emirat sitzt an den Schalthebeln des europäischen Fußballs.

Uefa-Präsident Alexander Ceferin gilt dennoch als Gegenmodell zum durchgeknallten Fifa-Boss Infantino. Als dieser die versammelten Fußballverbandspräsidenten aus aller Welt beim jüngsten Fifa-Kongress in Paraguay stundenlang warten ließ, weil er Donald Trump auf dessen Reise nach Saudi-Arabien begleitete, verließ Ceferin den Kongress vorzeitig. Die Uefa hat sich über die Verspätung echauffiert – mehr aber auch nicht. Wenn es ernst wird, kann sich die Fifa auf die Uefa verlassen.

Fifa kupfert ab

Nun müssen die Europäer mit ansehen, wie die Fifa all ihren gewinnbringenden Ideen nacheifert. Wie sich aus dem Klubfußball mit seinen unzähligen treuen Fans durch die Champions League Geld herausquetschen lässt, hat die Fifa zur eigenen Klub-WM inspiriert. Auch das Erfinden immer neuer Wettbewerbe zur Umsatzsteigerung ist keine Fifa-Spezialität. Das Spiel zwischen dem Männereuropameister und dem Südamerikameister wird als „Finalissima“ von der Uefa und dem südamerikanischen Verband Conmebol bestens vermarktet.

Als moralisches Gegengewicht zum Weltverband taugen die Europäer ebenfalls nicht. Bei all den faszinierenden Bildern von der EM der Frauen aus der Schweiz sollte man nicht vergessen, dass es diese Uefa ist, die das Turnier veranstaltet.

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Andreas Rüttenauer
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