Städte-Chef fordert geschlossene Grenzen: „Das wäre ein entscheidendes Signal an unsere Nachbarländer“
Der Chef des Städte- und Gemeindebundes André Berghegger fordert Pushbacks zur Migrationsbegrenzung. Sein Vize teilt das Ziel, nicht aber die Methode.

André Berghegger, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) reiht sich da ein. „Die Zahlen sind zu hoch und müssen deutlich runter“, hat er vor drei Tagen in einem Interview der Neuen Osnabrücker Zeitung auf die Frage geantwortet, ob Deutschland Asylbewerber an den Grenzen abweisen solle, „auch wenn unsere Nachbarländer nicht einverstanden sind“. Die Kommunen seien „seit Jahren an der Belastungsgrenze und teils darüber hinaus“, findet Berghegger. Die neue Bundesregierung müsse „die Migrationsproblematik in den Griff bekommen“.
Eine Lösung für ihn: Pushbacks. „Würden wir diesen Menschen den Zutritt verweigern, wäre das das entscheidende Signal an unsere Nachbarländer und könnte einen umgekehrten Domino-Effekt anstoßen“, sagt Berghegger. „Die EU-Außengrenze würde zur entscheidenden Grenze, und es würden sich bei Weitem nicht mehr so viele Menschen ohne Bleibeperspektive auf den Weg machen.“
Sicher, Berghegger ist nicht gegen Integration. Er ist auch nicht extremistisch, nicht radikal. Aber eines seiner Mantras ist: weniger Neuankömmlinge. Auf der Website des DStGB hat er Ende Februar eine „Migrationswende“ gefordert, zu der auch das „Begrenzen“ gehören müsse.
Vizepräsident mag „Domino-Effekt“-Gedanken nicht
Berghegger, 52, aufgewachsen im Örtchen Ostercappeln bei Osnabrück, ist Jurist und seit knapp 30 Jahren in der CDU. Bis 2013 war er Bürgermeister der kleinen Stadt Melle. Im selben Jahr wurde er Bundestagsabgeordneter – für zehn Jahre. In seiner Zeit als MdB hat Berghegger im FC Bundestag Fußball gespielt. Der FC Bundestag sagt von sich, er stehe für Weltoffenheit und Völkerverständigung und positioniere sich gegen Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit.
Aber Berghegger hat sich schon in Berlin am Thema Migration abgearbeitet. Mitte 2023 spricht er in der 101. Sitzung des Bundestages von einem „Dilemma zwischen Humanität und tatsächlichen Möglichkeiten vor Ort“. Zeitenwende bedeute auch „Neuausrichtung der Migrationspolitik“.
Christoph Landscheidt (SPD), Vizepräsident des DStGB, hat zu Bergheggers Interview-Äußerungen eine sehr differenzierte Meinung. „Im Ziel sind wir uns einig“, sagt er der taz. Es könne nicht sein, „dass Menschen ohne Bleibeperspektive einreisen, auf die Kommunen verteilt werden, es sogar noch Familiennachzüge gibt“, das überfordere personell. „Aber wie man das sicherstellt, darüber lässt sich streiten.“
Zu Bergheggers „Domino-Effekt“-Gedanken sagt er: „Den teile ich nicht. Das wäre, Stand heute, rechtlich auch wohl nicht zulässig.“ Man müsse primär die EU-Außengrenzen sichern, gemeinsam mit allen EU-Partnern, oder zumindest an der eigenen Grenze ein Prüfungsverfahren sicherstellen. Beides sei „komplex, ein sehr schwieriger Weg“.
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