piwik no script img

das portraitSorgt für Zank: der Linkspartei-Abgeordnete Diether Dehm

Im Asterix-Heft „Streit um Cäsar“ spielt die Gestalt des Tullius Destructivus eine tragende Rolle. Wo immer der Römer auftaucht, sät er Zwietracht. Selbst Obelix und Asterix brüllen sich irgendwann an. Auch Dr. Diether Dehm, Romanautor, Liedermacher, Millionär und heimlicher Häuptling der Linken in Niedersachsen, hat diese Begabung zu polarisieren. Dehm sei jemand, der bei Konflikten die Gräben grabe, um dann an der Seite des Anführers zur Jagd auf die andere Seite zu blasen, meint ein Mitglied seiner Partei.

Auch aktuell sorgt Diether Dehm wieder für Zwist in der Linkspartei. In einem vergangene Woche veröffentlichten Leitartikel in der Frankfurter Rundschau wird Dehm als Antisemit bezeichnet. Nun sah sich der Parteivorstand genötigt, sich vor Dehm zu werfen. Als enger Vertrauter der Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht und Architekt der sogenannten Hufeisenkonstellation in der Bundestagsfraktion hat Dehm seit 2015 die linken Linken mit den Reformern verbündet – und so die Mitte in die Zange genommen. Wagenknecht und das Chefduo Bernd Riexinger und Katja Kipping verbindet eine herzliche Abneigung.

Man weise die konkreten Vorwürfe gegen „unser Parteimitglied Diether Dehm entschieden zurück“, heißt es in der E-Mail zu seiner Verteidigung. „Das hätten wir für jedes Parteimitglied getan“, erklärt der Parteivorsitzende der Linken, Bernd Riexinger, gegenüber der taz.

Doch in der Partei selbst herrscht Kopfschütteln. „Das ist indiskutabel und konterkariert den Vorstandsbeschluss von vor zwei Wochen“, meint der Rostocker Sozialsenator Steffen Bockhahn. Damals hatte der Parteivorstand einen Beschluss verabschiedet und „klare Kante“ gegen Rechtspopulisten, Verschwörungstheoretiker und Antisemiten gezeigt, die Querfrontstrategien salonfähig machen wollen.

Hatte nicht Dehm einen Aufruf mitunterzeichnet, in dem er Kritik an einer Veranstaltung, die in eben jenem Spektrum angesiedelt ist, als Zensur brandmarkte? Und trat nicht Dehm bei den montäglichen Mahnwachen für den Frieden auf, bei denen sich rechte und linke Verschwörungstheoretiker die Hand reichten und gegen die „Systemmedien“, die USA und für Frieden mit Russland demonstrierten? Die sogenannten Querfrontaktivisten wollen die Grenzen zwischen linker und rechter Kapitalismuskritik verwischen.

Ein Antisemit und Rassist ist Diether Dehm, der medienwirksam auch mal einen Flüchtling nach Deutschland schmuggelt, sicher nicht – aber einer, der Grenzüberschreitungen liebt. Etwa wenn er über den rosa-grünlichen Teil von Partei und Medien herzieht, die alte, weiße Männer verachteten. Wenn er sich schwärmerisch mit jenem Teil der weißen Industriearbeiterschaft solidarisiert, die vor den raffgierigen Cliquen des Finanzkapitals geschützt werden müsse.

Das antisemitische Deutungsmuster, Ungerechtigkeiten nicht systemisch zu sehen, sondern die Schuld einer klar abgegrenzten Gruppe von Menschen zuzuschieben, schimmert zumindest auf. Der von ihm bereits 2009 geäußerte Satz „Antisemitismus ist Massenmord und muss dem Massenmord vorbehalten bleiben“, sei überhaupt nicht als Relativierung gemeint gewesen, relativierte er im Nachhinein. Gesichert ist im Übrigen, dass Dehm gern gegen Kritiker klagt. Gegen seine Fraktionskollegin Rosemarie Hein ging er 2011 gerichtlich vor. Vielleicht hätten Riexinger und Co. einfach noch ein paar Tage warten sollen – und so Zank vermieden. Anna Lehmann

meinung + diskussion

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen