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Zutritt von Frauen in Irans FußballstadienDie Religionsführer entscheiden

Fifa-Präsident Infantino fordert, dass der Iran weibliche Fans in Fußballstadien lässt. Die Entscheidung darüber soll nun die Politik treffen.

Schauen noch von außen zu: weibliche Fußballfans in Iran Foto: imago images/Amirhossein Kheirkhah

W enn es nicht um so etwas wie Menschenrechte ginge, dann gäbe der Iran gerade eine ziemlich peinliche Lachnummer ab. Die Islamische Republik will nämlich gerne im Weltsport dabei sein, einerseits. Andererseits wollen sich die Leute, die dort als „Geistliche Führer“ bezeichnet werden, partout nicht an die Grundprinzipien des Sports halten.

Entsprechend bekommen wir einen Eiertanz zu sehen: Der iranische Fußballverband FFI sei dafür, dass künftig auch Frauen in Fußballstadien dürfen. Der dürfe aber nicht entscheiden. Also hat FFI-Präsident Mehdi Tadsch die Entscheidung an Sportminister Masoud Soltanifar weitergeleitet. Der sei auch dafür, aber: Entscheiden müssten die „Geistlichen Führer“, und hier vor allem Ajatollah Ali Chamenei.

Zuletzt wurden am 6. Juni, als Iran und Syrien ein Freundschaftsspiel bestritten, Frauen am Betreten des Stadions gehindert. Will das Land an der Qualifikation für die nächste WM teilnehmen (die ersten Spiele stehen schon im September an), muss es die in den Fifa-Statuten verlangte Gleichbehandlung von Männern und Frauen durchsetzen, hat Fifa-Präsident Gian­ni Infantino der FFI mitgeteilt.

Nun ist es allerdings so, dass sich die Fifa in den vergangenen 40 Jahren auch nicht sonderlich um die Frauen gekümmert hat, sondern dass der sich jetzt als Menschenrechtsanwalt gerierende Infantino selbst unter Druck steht. Die Fifa ist Teil dieser Kette, in der jeder versucht, das vermeintlich heiße Eisen (muss man sich mal vorstellen: „Frauen im Stadion“ gelten als Problemfall!) weiterzureichen an eine andere, höhere Stelle.

Durchsetzung eines essenziellen Menschenrechts

Von dem Soziologen Niklas Luhmann stammt der Begriff „Legitimation durch Verfahren“: Wer sich auf einen Prozess einlässt, akzeptiert dessen Regeln und letztlich auch dessen Ergebnis. Kurz gesagt: Ich kann nicht meinen Nachbarn verklagen und wenn mir das Urteil nicht passt, das Gericht plötzlich für nicht zuständig erklären.

Auf den Iran übertragen: FFI, Fifa und Sportministerium hoffen auf eine entgegenkommende Entscheidung der Mullahs. Indem sie das tun, akzeptieren sie aber deren Autorität und haben freiwillig ihre eigene Macht aufgegeben. So etwas passiert halt, wenn Forderungen von Leuten oder Verbänden vertreten werden, die gar nicht so ganz dahinterstehen. Weder Fifa noch FFI noch Ministerium sind Institutionen, die Stadionbesuch als Menschenrecht begreifen. Leute wie Gianni Infantino handeln aus anderen Motiven: weil es halt so in den Statuten steht, weil so viele Frauen es derzeit fordern, weil sonst Sponsoren absprängen, weil es doch auch Kundinnen braucht.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Solchem Personal zuzuschauen, wie es schwitzt und strampelt, weil es sich plötzlich für Frauenrechte starkmachen muss, könnte lustig sein, denn an Peinlichkeiten mangelt es hier nicht. Allein, wir reden nicht von irgendeinem zu gewährenden Privileg, sondern von der Durchsetzung eines essenziellen Menschenrechts. Stadionbesuch für alle ist eben auch das Recht, dass alle Menschen öffentliche Plätze aufsuchen dürfen, dass jeder Mensch einen legitimen und sichtbaren Platz in der Gesellschaft hat.

Wo soll es da Kompromisse, Zugeständnisse oder Teillösungen geben? (Ähnliches gilt auch für die jüngst wieder bekannt gewordenen Überlegungen des Irans, trotz anderslautender Ankündigungen die Olympische Charta zu akzeptieren, doch Wettkämpfe mit „Athleten des zionistischen Regimes“, gemeint ist Israel, zu boykottieren.)

Der kräftigste Druck auf das Mullahregime, endlich Frauen ins Stadion zu lassen, kommt von Frauen, die ins Stadion gehen: In Gruppen sich den Weg bahnend und sich von nichts und niemandem aufhalten lassend. Es ist der bessere Weg.

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Martin Krauss
Jahrgang 1964, Mitarbeiter des taz-Sports schon seit 1989, beschäftigt sich vor allem mit Fußball, Boxen, Sportpolitik, -soziologie und -geschichte
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3 Kommentare

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  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Der Iran wird seine frauenverachtende Politik wohl niemals aufgeben. Neben dem wahnhaften eliminatorischen Antisemitismus ist das eine der wichtigsten Säulen dieses bizarren Regimes.

    Um so mutiger sind die Frauen, die sich den Zugang zu den Stadien erkämpfen oder sich im Rahmen der Bewegung my stealthy freedom in der Öffentlichkeit ohne Kopftuch zeigen und dabei Körper- und Gefängnisstrafen befürchten müssen.

    Ihre feministischen Schwestern im Westen sind derweil damit beschäftigt, jeder Lehrerin und Schöffin das Recht auf Tragen dieses Unterdrückungsinstrumentes zu ermöglichen.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Ihre Kick gegen die „feministischen Schwestern im Westen“ kommt seltsam rechtspopulistisch daher.

      Es sind verknöcherte Ideologen, die das Tragen oder Nicht-Tragen eines Kopftuchs erzwingen wollen, nicht die Kopftücher selber.

      • @Rudolf Fissner:

        Rechtspopulistisch?



        Hier leider ein Totschlagargument Herr Fissner.



        Oder haben sie vergessen, dass wir seit Jahrhunderten daran Arbeiten, die Religion aus dem öffentlichen Leben zurückzudrängen. Das gehört zu Humanismus, Reformation und Aufklärung dazu. Schon vergessen?



        Ich erinnere nur an Aufschrei, als Söder Kreuze aufhängen ließ. Warum sollte das bei Kopftüchern anders sein. Wenn frau das Kopftuch in bestimmten Situationen im öffentlichen Leben partout nicht ablegen will, muss sie damit rechnen, das sie da Gegenwind bekommt. Zu Recht, sage ich da.