piwik no script img

Zum Tod von Gerd Müller„Dann macht es bumm“

Gerd Müller war der wohl beste deutsche Stürmer aller Zeiten. Er wurde 75 Jahre alt. Überdauern wird die Erinnerung an einen großen Instinktfußballer.

Gerd Müller (links) 1966 beim Spiel gegen den Meidericher SV Foto: Ferdi Hartung/imago

Berlin taz/dpa | Der Bomber ist tot. Der deutsche Fußball trauert um Gerd Müller. Wie der FC Bayern München als sein langjähriger Verein mitteilte, ist Müller am frühen Sonntagmorgen im Alter von 75 Jahren gestorben. Bayern Münchens Präsident Herbert Hainer schrieb: „Heute ist ein trauriger, schwarzer Tag für den FC Bayern und all seine Fans. Gerd Müller war der größte Stürmer, den es je gegeben hat, und ein feiner Mensch, eine Persönlichkeit des Weltfußballs.“

Und weiter: „Wir sind in tiefer Trauer vereint mit seiner Frau Uschi sowie seiner Familie. Der FC Bayern wäre ohne Gerd Müller heute nicht der Klub, wie wir ihn alle lieben. Sein Name und die Erinnerung an ihn wird auf ewig weiterleben.“ Müller war im Sommer 1964 zum FC Bayern gekommen und prägte eine Ära.

Mit der Nationalmannschaft wurde er 1972 Europameister und 1974 Weltmeister, wobei er das Siegtor im Finale in München gegen die Niederlande erzielte. Nach seiner Karriere blieb er dem Verein lange als Trainer im Nachwuchs erhalten. Müller litt an Alzheimer und lebte seit Jahren im Pflegeheim, wo er professionell betreut wurde.

Gerd Müller hatte 1971/72 in einer Bundesligasaison schier unglaubliche 40 Tore erzielt. Erst in der vergangenen Saison gelang Robert Lewandowski vom FC Bayern mit 41 Treffern eine neue Bestmarke. Müllers Bilanz von 365 Treffern in 427 Bundesligaspielen ist bis heute unübertroffen.

Für immer im Herzen

„Die Nachricht von Gerd Müllers Tod macht uns alle tief betroffen. Er ist eine der größten Legenden in der Geschichte des FC Bayern, seine Leistungen sind bis heute unerreicht und werden auf ewig Teil der großen Geschichte des FC Bayern und des gesamten deutschen Fußballs sein“, erklärte der Münchner Vorstandschef Oliver Kahn. „Gerd Müller steht als Spieler und als Mensch wie kaum ein anderer für den FC Bayern und seine Entwicklung zu einem der größten Vereine weltweit. Gerd wird für immer in unseren Herzen sein.“

Der Bomber wuchs zusammen mit seinem Bruder Heinz („Er war technisch sogar besser als ich, aber zu faul“) in Nördlingen in bescheidenen Verhältnissen auf. In seiner Heimatstadt in Bayerisch-Schwaben besuchte er die Volksschule und absolvierte anschließend eine Lehre als Weber, die er sogar abschloss. Schließlich übte er aber diesen Beruf nicht aus, sondern entschied sich für eine Karriere als Fußballer. Das sollte sich als kluge Entscheidung erweisen, denn sein Torriecher war legendär, ebenso seine Qualitäten als Abstauber. Doch so gut er auf dem Platz war, so schlecht gelang ihm der Übergang von der großen Sportkarriere in das Danach.

Im März 1979 übersiedelte Müller mit seiner Familie nach Fort Lauderdale in Florida und eröffnete dort im November 1981 das Steak-House „Ambry“. Ursprünglich wollte er mit seiner Frau in den USA bleiben. Er hatte sogar in München den eigenen Bungalow, die Mietshäuser und das Sportgeschäft verkauft. Doch dann packte die Familie das Heimweh, und sie kehrte im April 1984 nach München zurück.

Der größte Sieg

Die tiefe Lebenskrise, in die Müller nach seinem Rücktritt vom Fußball noch in den USA geraten war, konnte er aber auch mit seiner Heimkehr nach Deutschland nicht bewältigen. Müller, der „den tiefen Sturz vom Popularitätsgipfel ins Loch des Desinteresses nicht ohne weiteres verkraftet hatte“, wie die Süddeutsche Zeitung schrieb, schien zeitweilig sogar völlig zu straucheln, wusste nicht, was er mit seinem Leben anfangen sollte.

„Ich habe mein Leben durch Alkohol zerstört“, sagte er damals, denn zwischenzeitlich stand auch seine Ehe vorm Ende. Letztlich war es aber gerade Ehefrau Uschi, die auch in dieser schwierigen Phase ihrer Partnerschaft („Diese Zeit war auch für mich die Hölle“) zu ihm hielt. Den Weg aus seiner schweren persönlichen Krise schaffte Gerd Müller durch seine alten Kontakte zum FC Bayern, allen voran Uli Hoeneß und Franz Beckenbauer.

Man verordnete ihm eine Entziehungskur und beschaffte ihm 1992 einen Trainerposten beim FC Bayern München. Dass er seine schwere Krankheit besiegt hat, stempelt den Ausnahmefußballer und Freund des Schafkopfens auch zu einem Ausnahmemenschen, was er auch selbst so sah: „Mein größter Triumph war der Sieg über den Alkohol.“

Sieben Torjägerkanonen hat Müller in seiner Karriere gewonnen. Auf dem Rasen war er entschieden talentierter als auf dem Feld der Musik, das er auch einmal beackerte. 1969 versuchte er sich als Sänger und veröffentlichte eine Single mit dem Titel „Dann macht es bumm“ als A-Seite und mit „Wenn das runde Leder rollt“ als B-Seite. Auch das bleibt vom Bomber.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Beckenbauer, Netzer und natürlich Müller - ich war damals begeistert.



    Was dann ein Hönes aus Bayern München gemacht hat, stieß mich ab.



    Heute geht`s nur noch um Millionen und Fernsehrechte. Zum Kotzen.