Zulassung zur Bundestagswahl: BSW-Rebellen ziehen Kandidatin aus dem Hut
In Hamburg gibt es zwei BSW-Listen, der Wahlausschuss muss entscheiden, welche zugelassen wird. Für die „Rebellen“ tritt Publizistin Ulrike Guérot an.
Wie berichtet, tobt seit Mitte Dezember ein Streit um die Frage, welcher der wahre BSW-Landesverband ist: Ein am 15. Dezember von Basis-Mitgliedern oder ein am 21. Dezember auf Einladung des Bundesvorstands gegründeter. Nach taz-Informationen liegen nun beim Landeswahlleiter zwei Landeslisten für die Bundestagswahl, die beide von einem „Bündnis Sahra Wagenknecht – Landesverband Hamburg“ stammen. Denn „um Rechtssicherheit zu haben“, wählte inzwischen jener zuerst gegründete Verband am 19. Januar auch Satzung und Vorstand noch mal neu und änderte den Namen. In der ersten Version hatte er nur „Bündnis für Vernunft und Gerechtigkeit“ geheißen – ohne „Wagenknecht“.
Der offizielle Landesverband hatte am 11. Januar im Bürgersaal Wandsbek getagt, dort vormittags seine Gremienwahlen wiederholt und nachmittags die heutige BSW-Bundestagsabgeordnete Zaklin Nastic zur Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl gekürt. Allerdings liegt dem Landeswahlleiter nun eine Anfechtung dieses Vorgangs vor. Denn das Wahlrecht sieht vor, dass auch einfache Mitglieder Kandidaten vorschlagen und auch Nichtmitglieder vorgeschlagen werden können. Und die Parteien müssen versichern, dass alle Kandidaten sich vorstellen konnten.
Kandidat bekam fälschlicherweise Hausverbot
Am 11. Januar schlug Dejan Lazic Bijan Tavassoli als Gegenkandidat für Nastic vor, und Alexander Konstantinov als Gegenkandidat für den auf Platz zwei antretenden Konstantin Eulenburg. Doch Tavassoli hatte am Vormittag ein Hausverbot von Veranstalter Christian Kruse bekommen und im Anschluss von der hinzu gerufenen Polizei einen Platzverweis. Er konnte also zunächst gar nicht kommen.
Die Sitzung wurde unterbrochen und Kruse zur Polizeiwache nebenan geschickt, um die Rücknahme des Platzverweises zu erwirken. So bestätigt es auch Polizeisprecher Sören Zimbal. Der Platzverweis sei vormittags ausgesprochen worden, weil sich der Betreffende weigerte, dem Hausverbot nachzukommen, erklärt der Sprecher. Nachdem am Nachmittag der Veranstalter aber erneut beim Kommissariat erschienen sei und erklärte, dass jener 33-Jährige „seitens des Veranstalters fälschlicherweise von der Veranstaltung ausgeschlossen worden war“, hätte die Polizei versucht, den Mann von dem „nunmehr hinfälligen Platzverweis“ in Kenntnis zu setzen, ihn aber nicht erreicht.
Tavassoli, dem auf der Wache gesagt worden war, er würde bei Verstoß gegen den Verweis in die Zelle kommen, erreichte diese Kunde gegen 16 Uhr. Als er gegen 17 Uhr am Veranstaltungsort eintraf, wollten die Türsteher ihn wieder nicht einlassen. Der Veranstalter teilte mit, die Wahl sei schon gelaufen. Laut Protokoll der Sitzung, das der taz vorliegt, wurde nach Aufhebung des Platzverweises etwa 25 Minuten gewartet. Dann wurde festgestellt, dass nur Nastic kandidiere.
Der BSW-Hamburg-Sprecher Jochen Brack erklärt gar, die Sitzung sei über eine Stunde unterbrochen worden. „Ich weiß nur, dass alle Kandidaten Gelegenheit hatten zu erscheinen.“ Das Hausverbot sei ja aufgehoben worden. Dejan Lazic sieht indes in dem Vorgehen eine Behinderung seiner Kandidatenvorschläge, zumal auch der zweite, Konstantinov, nicht ins Haus gelassen wurde mit der Begründung, er sei noch nicht dran.
Letzte Instanz ist der Bundeswahlausschuss
Landeswahlleiter Oliver Rudolf äußert sich vor Freitag nicht zur Frage, ob und welche Listen er zulässt. Dann nämlich tagt ab 11 Uhr der Landeswahlausschuss. Einwände, die es vor drei Wochen gegen die Aufstellung der offiziellen BSW-Liste zur Hamburg-Wahl gab, hatte er als unbeachtlich eingeschätzt.
Sollte das BSW in Hamburg mit keiner Liste zugelassen werden, wäre die Partei hier nicht wählbar. Das könnte wichtige Prozentpunkte hinter dem Komma kosten. Doch anders als bei der Zulassung zur Hamburg-Wahl wäre diesmal mit der Entscheidung das letzte Wort nicht gesprochen. Beschwerden darüber, ob Listen zugelassen wurden, können noch beim Bundeswahlausschuss vorgetragen werden, der Ende Januar tagt. Die parteilose Politikwissenschaftlerin Guérot, die persönlich mit Sahra Wagenknecht befreundet sein soll, könnte, so hört man, eine Person sein, die den Konflikt befriedet und auf deren Spitzenkandidatur sich in letzter Sekunde alle einigen könnten.
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